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Kulturereignisse, die sich im Westen des Landes abseits ehrwürdiger Institutionen abspielen, werden von Wiener Zeitungen selten bemerkt. Immerhin schon zum siebenten Mal fand heuer das Festival "Poesie international" in Dornbirn statt. Beschäftigung mit Lyrik hat heutzutage den Hautgout eines karitativen Engagements. Aktionen wie "Zeit für ein Gedicht" werden veranstaltet, um den armen Poeten Brosamen sozialer Anerkennung zukommen zu lassen, nicht etwa um ein Bedürfnis des Publikums zu befriedigen.

Dass es dennoch so etwas wie eine archaische Lust an Lyrik gibt, ja ein existentielles Interesse, das kann man an der beachtlichen Zahl an (zahlenden!) Zuhörern ablesen, die Veranstaltungen wie jene am Dornbirner Spielboden frequentieren. Gerade dass dort für jeden Geschmack etwas dabei ist, vom Sprachexperiment bis zum neoromantischen Naturgedicht, macht den Erfolg aus. Attraktiv ist, was man bei der Lektüre daheim nicht erlebt: Immer deutlicher wird ein Trend zur Performance, zu Spoken Poetry und Sound Poetry, eigentlich eine Rückkehr zu den Wurzeln der Poesie, wie sie in Dornbirn der arabische Dichter Adonis oder der walisische Barde Emyr Lewis vergegenwärtigt haben. In Rhythmus und Klang erschienen sogar die unverwandten Sprachen verwandt.

Die "ahnmacht des kontemplativen", wie die "schriftverstellerin" ginka Steinwachs es nennt, hat auch heute für viele einen Reiz. In einer Zeit des Effizienzkults liegt er nicht zuletzt in der programmatischen Nutzlosigkeit: "Höchster Preis ist nichts gegen / Schreibe für nichts und wieder" (Sabine Scholl). Die Feuilletons, die einst voll mit Gedichten waren, könnten sich wieder öffnen. Und öffnen könnte auch der regionalisierungsfreudige Staatssekretär seinen "allmusenbeutel" (ginka) für solche Feste der Poesie.

Die Autorin ist Germanistin und Literaturkritikerin.

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