Sie tanzen dem Untergang entgegen

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Begeistert akklamiert wurde die Uraufführung des Balletts "Das Narrenschiff“ ("Ship of Fools“) nach dem gleichnamigen Roman von Katherine Anne Porter (1890-1980) am Landestheater Linz. Jochen Ulrich choreografierte mit vielen überraschenden Ideen, die von seiner Compagnie, der das Schauspielensemble nicht nachstand, überzeugend umgesetzt wurden. Der Romantitel "Das Narrenschiff“ geht übrigens auf Sebastian Brants "Narrenschiff“ (1494), eine recht aktuell anmutende Moralsatire, zurück, die das erfolgreichste Buch der deutschen Literatur vor der Lutherbibel war.

Staunen allerseits: Die Theaterbühne hat sich in das Oberdeck eines Ozeandampfers mit einem mächtigen Schlot verwandelt, aus dem ständig grauer Qualm quillt (Bühne: Alexandra Pitz). Langsam beginnt sich das Deck der "Vera“, auf der Fahrt von Veracruz nach Bremerhaven, mit einer Schar von bunt zusammengewürfelten Passagieren, Schiffsoffizieren und Matrosen zu füllen. Das gesellschaftliche Leben und Treiben an Bord kann beginnen.

"Heilig Vaterland!“

Der Kapitän (Ziga Jereb) versucht den Schiffsarzt (Fabrice Jucquois) von seiner Herzschwäche abzulenken. Herr Löwenthal, ein vermeintlicher Jude (Wallace Jones), wird ausgegrenzt. Die allgemeine Stimmung wird zunehmend aggressiver. Es kommt zu ersten Konfrontationen unter den Gästen. Ein deutscher Schiffsjunge (Gabriel Wanka), als Hitlerjunge uniformiert, singt ein Loblied auf seine Heimat: "Heilig Vaterland!“ Es sind nur mehr zwei Jahre bis zur Machtergreifung Hitlers in Deutschland. Löwenthal gerät angesichts der zunehmenden Ausgrenzung seiner Person mehr und mehr in Panik. Ein Entertainer (Alexander Novikov) stürmt aufs Deck und verteilt Narrenkappen für die abendliche Party. Der Schiffsarzt stirbt. Das Schiff fährt weiter. Die Passagiere tanzen dem Abgrund entgegen.

Weitere Termine

23., 27. Juni, 1. Juli

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