Theologie der Opposition?

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Thema: Befreiungstheologie

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Thema: Befreiungstheologie

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„Die Welt, der die Kirche dienen soll, ist für uns die Welt der Armen. […] Es sind die Armen, die uns sagen, was (die) Welt (ist) und was kirchlicher Dienst an der Welt (bedeutet)“, so Erzbischof Oscar Romero, der vor 30 Jahren in El Salvador ermordet wurde, weil er die Ungerechtigkeit in seinem Land öffentlich anklagte.

Die Perspektive der Armen ist Ausgangs- und Angelpunkt der Theologie der Befreiung, die sich vor allem in Lateinamerika etablierte. Sie will den Fokus der Religionen verlagern, die Auseinandersetzung mit politischen und wirtschaftlichen Fragen – wie der Armut – soll kein Randphänomen der Religionen sein, sondern ihr Hauptanliegen.

Die Theologie der Befreiung trennt weltliche und geistliche Wirklichkeit nicht, denn Religiosität muss spürbare Auswirkungen im konkreten Leben der Menschen haben. Diese Theologie bestimmt die Wirklichkeit, in der die Erlösung zu spüren sein soll, auch in politischen, sozioökonomischen und kulturellen Kategorien.

Indem die Befreiungstheologie jedoch die Perspektive der Armen privilegiert, polarisiert sie: Arme versus Reiche. Durch diese Machtverlagerung innerhalb der Theologien besteht die Gefahr, dass Religion zur politischen Agenda der Opposition wird. Wie können Religionen aber einen Beitrag zur Befreiung von Ungerechtigkeit, Unterdrückung und Ausbeutung leisten, ohne zu einem politischen Programm der Opposition zu werden? Inwieweit sollten Religionen politisch aktiv sein?

Für viele Muslime ist es selbstverständlich, dass Religion ihre Aufgabe auch in der politischen, sozialen und geistigen Befreiung des Menschen hat, sie kritisieren aber: „Warum wird, wenn sich Christen politisch engagieren, von Befreiungstheologie gesprochen, wenn aber Muslime dies tun, vom politischen Islam gesprochen?“

* Der Autor lehrt islam. Religionspädagogik an der Uni Münster.

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