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Digital In Arbeit

Bürgerinitiative für ein besseres Kinder-TV

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Die Voraussetzungen für den Religionsunterricht haben sich in den letzten Jahrzehnten wesentlich verändert. Vor allem das Fernsehen hat drastisch dazu beigetragen, diese Voraussetzungen in mehrfacher Hinsicht zu verändern. Diese Veränderungen könnten auch eine Chance bieten, wenn sie erkannt und umgesetzt werden.

Schon vor zehn Jahren hat eine Totalerhebung des Femsehkonsums von Zwölfjährigen im Bezirk Knittelfeld ergeben, daß sie durchschnittlich zwei Stunden und 20 Minuten pro Tag vor dem Femsehschirm verbringen. Das Aufwachsen mit dem Fernsehen entwickelt jedoch einen anderen Menschentyp als die frühere Buchkultur oder das Märchenerzählen. Positive Ansätze sind für den Religionslehrer vor allem im erweiterten Bewußtsein und in einem lokal nicht eingegrenzten Verantwortungsgefühl für das gege-

ben, was am Bildschirm miterlebt wird.

Ganz' offensichtlich verändert das Fernsehen auch die Sprache und erschwert das Auslangen mit der herkömmlichen Sprache der Kirche immer mehr. Nicht das Gleichbleibende, sondern das in Bewegung Befindliche und die Bereitschaft zur Veränderung bilden unbewußte Werte. Parallel zum Fernsehkonsum vermindert sich die Konzentrationsfähigkeit für einen reinen Frontal- und Verbalunterricht, wogegen die Kinder vor dem TV-Schirm sehr ausdauernd sein können.

Die Kärntner Religionslehrer bedauerten in diesem Zusammenhang zweierlei: das erschreckende Ausmaß an sittlich meist sehr fragwürdigen Programmen, die in der Regel für Erwachsene gemacht sind, aber von Kindern konsumiert werden, und auf der anderen Seite das fehlende Ge gengewicht von positiven Vorbildern menschlichen und christlichen Verhaltens in Sendungen für Kinder (und Erwachsene?), die Hilfen zur sittlichen, religiösen und sozialen Entfaltung unserer Kinder bieten. Hin und wieder eine gute Sendung in dieser Richtung ist da keine Entschuldigung.

Sie beschlossen daher, an den ORF und an das Unterrichtsministerium ein Ersuchen um Einführung eines ständigen Kinderprogramms zu richten, das diese Zielsetzung verwirklicht. Damit soll vor allem den Eltern subsidiär in der Erziehung geholfen werden. Es kann aber auch für den Religionslehrer nicht gleichgültig sein, was den Kindern im TV vorgesetzt wird.

Leider hat der ORF bisher für einen solchen Vorschlag wenig bis gar nichts übrig gehabt. So hat etwa der steirische Diözesanrat bereits vor mehr als einem Jahr öffentlich den ORF aufgefordert, etwas in dieser Richtung zu produzieren. Stattdessen kamen die Babenberger und die Staatsoperette. Welcher erzieherische Einfluß durch das Fernsehen auf Kinder ausgeübt wird, ist maßgeblichen Leuten im ORF anscheinend egal. Nicht egal wird es jedoch immer mehr Eltern und Erziehern, deren Ohnmacht gegenüber dem ORF keinen weiten Weg mehr zu energischen Aktionen hat.

Die Teilnehmer der Studientagung zeigten sich entschlossen, falls der ORF ihre berechtigten Wünsch abprallen läßt, eine bundesweite Bürgerinitiative von Eltern und Erziehern zu organisieren, die für ein ethisch wertvolles Kinderprogramm im Fernsehen eintreten. Proponenten gäbe es hier für Elternvereine, Familienverbände, Lehrervereinigungen.

Die moderne Religionspädagogik hätte nicht zuletzt auf diesem Gebiet einige Erfahrungen anzubieten. Unterhaltung ä la „Biene Mąja“ recht und schön, aber auch ein „Am, dam, des“ macht noch keinen Sommer. Und wenn man weiß, daß religiöse Erfahrungen und Aufgeschlossenheit vor allem der Erlebnis Vermittlung im Kindesalter bedarf, wiegt das totale Fehlen religiöser Fernsehprogramme für Kinder äußerst schwer.

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