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Eisler klagt an

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Zwei Männer - ihre Gesichter sind verzerrt, zu Angstgrimassen erstarrt - stützen einander, helfen einander. Sie können sich kaum noch bewegen. Hinter ihnen: schmutzige Fassaden, verdreckte Rinsteine. Das Bild rüttelt auf, verwirrt, macht verstört.

Georg Eisler trifft die Schwachpunkte unserer Wohlstandsgesellschaft, weckt das schlechte Gewissen: mit den „Zwei Männern“ hat er eine Epoche dargestellt, eine Zeit der Hoffnungslosigkeit, der Verzweiflung. Die verdrängte Vergangenheit wird schmerzhaft lebendig. Straßen, Straßenbahnen, einsame, schmutzige Plätze, verrauchte Cafes; das sind die bevorzugten Sujets von Eisler. Hier beobachtet, hier charakterisiert er seine Gestalten: den Menschen von der Straße, den Massenmenschen.

Während des Zweiten Weltkrieges war Eisler in der Emigration in England. Dort war er oft mit Oskar Kokoschka zusammen. Von Kokoschka hat er viel gelernt: die direkte, scharf akzentuierte Darstellung von Menschen, den kompromißlosen Ernst seiner Themen. Den Bück für das Elend, für die Ungerechtigkeit, für die Verzweiflung des kleinen Mannes.

In der Zeit des „Wirtschaftswunders“ hat Eisler wenig gemalt. Er fand zu wenige Angriffspunkte. Er schlug sich mit formalen Spielereien herum. Seine Bilder waren flach, zum Teil plakativ.

Nach den Studentenunruhen erwachte die schöpferische Unruhe von Eisler wieder. Er fand wieder seine „Vorlagen“: den politischen Extremismus, die Scheindemokratie, die tägliche kaum verhüllte Demütigung des Menschen. Zwischen den „Zwei Männern“ und den letzten Figuren-Bildern hegen Jahre. Doch: die Spannung ist geblieben. Der schneidende, anklagende Ton ist gebheben. Der Schreck ist geblieben.

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