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Imagination

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„Die Kunst ist nur die Schöpfung unserer Sehnsucht nach der Existenz, wie sie uns sein sollte; sie entsteht aus unserem Heimweh nach dem einzigen Vaterland und ahnt dessen Formen", vertraut Kaiserin Elisabeth ihrem griechischen Vorleser an, Con-stantin Christomanos. Dieser gibt nach der Ermordung Elisabeths am Genfer See 1898 die „Tagebuchblätter" heraus: unter der Hand eines Schopen-hauerianers wird die Gemahlin Kaiser Franz Josephs zum Sprachrohr einer pessimistischen Decadence stilisiert. Spätestens mit dieser Veröffentlichungen war der Grundstein zur Mythenbildung um Elisabeth gelegt.

Die Autorin sieht es jedoch nicht als ihre Aufgabe, die Schichten an Ideali-

sierungen zu entfernen, bis die „wirkliche" Kaiserin zum Vorschein kommt. Diese Arbeit leistete bereits Brigitte Hamann souverän in ihrer Biographie „Elisabeth. Kaiserin wider Willen". In der vorliegenden Studie wird der entgegengesetzte Weg eingeschlagen.

Sie sucht die imaginäre Seite der Biographie auf und verfolgt die „systematische Konstruktion eines Ideals" anhand jenes Materials, „das in Schriften und Bildern die Gestalt und das Leben Elisabeths ... verklärte". Gabriela Christen analysiert zusätzlich in einem kunstgeschichtlichen Essay die Bildnisse der Kaiserin.

Nicht jeder wird der Interpretation der Dokumente immer zustimmen können. Beim Autopsiebefund der Verstorbenen etwa soll es sich um den „lustvollen Nachvollzug des Mordes mit sprachlichen Mitteln" handeln, womit der Chronist eine „voyeuristische Expedition ins Innere" unternehme.

ELISABETH VON ÖSTERREICH. Momente aus dem Leben einer Kunstfigur. Mit einem kunstgeschichtlichen Exkurs von Gabriela Christen. Von Juliane Vogel. Verlag Christian Brandstätter, Wien 1992. 224 Seiten, öS 280,-

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