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„Jahr der Behinderten" soll weiterwirken

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Vor wenigen Tagen ging das Jahr der Behinderten zu Ende. Gerade noch rechtzeitig vor Weihnachten wurde Mitte Dezember in Wien das interfakultä-re Institut für Sonder- und Heil-. Pädagogik eröffnet. Ob dieses Institut auch nach 1981 einen dauerhaften Beitrag zur Besserung der Lage behinderter Menschen leisten kann, wird sich erst zeigen.

Immerhin ist die Grundidee konstruktiv. Erstmals werden hier Wissenschafter und Therapeuten gemeinsam an der Erforschung der Bildungsmöglichkeiten und der Bildungsziele körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher arbeiten.

Das große Problem bei der Bildungsarbeit für diese Menschen ist sowohl die Schwierigkeit, leichte Formen der Behinderung zu erkennen als auch die angemessenen Wissens- und Bildungsziele abzugrenzen, betonte Institutsvorstand Univ.-Prof. Marian Heitger in der Eröff-nungsredevzu einem Symposion, das aus Anlaß der Institutsgründung veranstaltet wurde.

Heitger wies auch darauf hin, daß gerade bei der Bildungsarbeit für und mit behinderten Menschen die Heilbehandlung niemals den absoluten Vorrang vor der Bildungs- und Erziehungsaufgabe haben dürfe. Diese Haltung entspreche einer immer noch vorhandenen falschen Zielvorstellung in Pädagogik und Medizin.

Trotz allen guten Willens berge eine solche Haltung die Gefahr der Diskriminierung in sich, weil dadurch dem Behinderten sowohl ein nur begrenzter , Bildungszugang als auch ein eingeschränkter gesellschaftlicher Stellenwert zugewiesen wird.

Univ.-Prof. Walter Spiel unterstrich in seiner Rede die Bedeutung des neuen Institutes für die Praxis. Erstmals werden sich alle in Frage kommenden Disziplinen, nämlich Kinderheilkunde, Psychiatrie, Psychologie und Pädagogik der Problematik der Bildungsmöglichkeiten behinderter Menschen annehmen.

Auf der Wunschliste der Wissenschafter stehen nicht nur einschlägige Grundlagenforschungsprojekte, sondern vor allem Lehrgänge, sowie Aus- und

Weiterbildungskurse für Lehrer, Sozialarbeiter und Medizinstudenten.

Wenn auch die Unterschiede zwischen Heil- und Sonderpäda- gogik noch immer nicht klar definiert werden können, so geht es den Wissenschaftern doch vor allem darum, für die Praxis brauchbare Bildungs- und Erziehungsziele zu erarbeiten.

Den Anspruch auf bessere Bildungschancen als fundamentales menschliches Recht des behinderten Menschen unterstrich auch Wissenschaftsministerin Hertha Firnberg in ihrer Ansprache.

Firnberg wies auf die ungeheure gesellschaftspolitische Bedeutung der Arbeit dieses Institutes hin, dessen Gründung ihr ein persönliches Anliegen war.

Gerade das behinderte Kind könne nur dann zu einem vollwertigen Mitglied der Gesellschaft werden, wenn sein individueller Anspruch auf Zugang zu Wissen und Bildung voll gewahrt wird. Aufklärung der Pädagogen und Mediziner könne hier einen wichtigen Beitrag zur Hilfe durch Selbsthilfe leisten.

Bei so viel schönen Worten darf man auf die Erfolge in der Praxis gespannt sein.

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