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Neue, alte Nachbarschaft

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Die Grenzen überwinden, Freundschaft mit den Nachbarländern - wie schön das klingt, aber wer versucht schon, auf privater Ebene, wirklich etwas zu tun, wenn er selbst keinen Nutzen davon hat?

Milan und Irena Racek, in Sitzendorf an der Schmida ansässig geworden, versuchen den Brük-kenschlag, seit acht Jahren veranstalten sie die „Sitzendorfer Kulturtage“, eine grenzübergreifende Veranstaltung, zu der Künstler aus Mähren anreisen und gemeinsam mit österreichischen Kollegen das Programm bestreiten.

Heuer trug die dreitägige Veranstaltung den Titel „Kunst kennt keine künstlichen Grenzen“. Ein schöner Titel, ein Unternehmen, das die beiden Veranstalter viel Kraft und Zeit gekostet hat — das Schule machen sollte.

Für die Verwirklichung der Idee der Völkerverständigung sind die kleinen Schritte wichtig, viele solcher Schritte könnten letzten Endes den großen Brückenschlag ergeben, den wir so nötig brauchen. So gesehen zählten die Sitzendorfer Kulturtage 1988 wahrscheinlich zu den wichtigsten Veranstaltungen im Rahmen des niederösterreichischen Donaufestivals.

Drei Tage lang konzertierten in Sitzendprf an der Schmida mährische Volksmusikänten, das hervorragende Quartett Travnicek, die Niederösterreichischen Spielleute. Aus dem mährischen und niederösterreichischen Raum stammende Künstler stellten ihre Bilder aus. Nach dem Zeitpunkt, zu dem sie die Grenze überschritten hatten, nach der Sprache, in der sie aufgewachsen waren, wurde nicht gefragt.

Burgschauspieler Peter Schratt trug ausgewählte Stellen aus dem berühmten Poem „Mai“ von Ka-rel Hynek Macha vor, Ilse Tieisch las in einer Sonntags-Matinee Mährisches aus ihren Romanen und Gedichten.

Es gab einen Malkurs für Kinder, geleitet von Professor Pusch-nik, der sich seit siebzehn Jahren mit Kinderzeichnungen befaßt. Die Bilder werden auch jenseits der Grenze ausgestellt werden. Der „Mimo-Zirkus“ bot ein buntes Programm mit Riesenschlangen und Feuerschluckern, wie man es früher auf mährischen Märkten erleben konnte. Eine literarisch-kulinarische Weinkost unter der Leitung von Walter Pol-lak von der Weinbauschule Retz rundete das Programm ab.

Es war ein heiteres Fest, bei dem zwei Sprachen gesprochen wurden; ein wenig erinnerte es an jene Zeit, zu der man noch mit dem Fahrrad über die Grenze fuhr, nach Nikolsburg und Znaim, um einzukaufen oder Verwandte zu besuchen. Die Hoffnung, daß dies wieder so werden könnte, sollte man nicht aufgeben.

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