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Nur eine Episode

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Der Auszug der Studentenvertre-er aus der parlamentarischen Hoch-chulreformkommission hat die In-tiative zu den weiteren Schritten er Reform vorläufig an das Wissen-diaftsministerium zurückverwiesen, 'atsächlich warten nun Professoren nd Studenten auf den neuen Ent-rurf des Universitätsorganisations-esetzes. Dennoch wird das Warten och einige Zeit dauern: Zum ersten will Minister Firnberg ie Meinungen und Ergebnisse der Kommission — soweit sie vorliegen

— einarbeiten (wie aus dem Ministerium verlautet);

• zum anderen hat Frau Firnberg bereits festgestellt, daß sie sich auch von der allgemeinen Regierungspolitik nicht unter Druck setzen lassen möchte — und daß die Hochschulreform vor allem kein Gegenstand eines politischen Geschäftes sein soll.

Ist aber der ministerielle Entwurf einmal da, muß mit einer relativ langen Begutachtungszeit gerechnet werden. Immerhin sind von einer so vielfältigen und interdependenten Materie allzu viele Interessen berührt. Auch muß man die längere Ferienzeit einrechnen, die zum Unterschied von anderen Gesetzeswerken Zeit in der Begutachtung verstreichen läßt. Nimmt man nun an, daß der Entwurf das Wissenschaftsministerium in diesem Frühjahr verläßt, kann realistischerweise kaum vor Herbst 1972 mit dem Ende der Begutachtung gerechnet werden; da aber stehen die Budgetberatungen im Vordergrund. Beschäftigt sich der Nationalrat also im Frühjahr nächsten Jahres, 1973, mit dem Gesetzeswerk, darf dies als überaus optimistische Prognose angesehen werden.

Der Exodus der Studentenvertreter aus der Reformkommission wird derzeit deshalb auch nicht als allzu dramatisch empfunden, weil im Rahmen der Begutachtung noch vielfältige Möglichkeit gemeinsamer Überlegungen besteht. Die Rektorenkonferenz soll ihrerseits keineswegs an einem Auseinandergehen ohne Wiedersehen interessiert sein. Man will in Professorenkreisen das Ende der Kommission nur als „Episode“ sehen, die nichts an der — zuletzt besseren — Zusammenarbeit zwischen akademischen Behörden und Hochschülerschaft ändert. Im Begutachtungsverfahren soll sogar Kontakt gesucht werden — und selbst gemeinsame Meinungen zu einzelnen Abschnitten des Gesetzeswerkes wären möglich.

Der Rektor der Wiener Universität und damit Vorsitzender der Rektorenkonferenz, Professor Dordett, will sich „nicht davon abbringen lassen“, die Gespräche immer und überall zu suchen — denn „das Verhältnis war gerade jetzt besonders gut“.

Jedenfalls ist die Frage der Drittelparität — an der die Verhandlungen scheiterten — auch auf studentischer Seite kein starres Tabu mehr. Es macht sich zunehmend eine Ernüchterung bemerkbar, die von den deutschen Beispielen genährt wird und für die der Grazer Ordinarius Topitsch zuletzt („Presse“, 22. Jänner 1972) eine sehr klare Sprache fand. Auf der Seite der Professorenschaft jedenfalls will man den Begriff einer „Mitsprache“ flexibel seihen — und nicht so sehr fixiert auf eine prozentuelle Sitzverteilung. Andere Fragen haben daher, so meint etwa auch Rektor Dordett, durchaus Chance auf absolutes Einvernehmen. Darüber aber ist bisher in der Hochschulreformkommission viel zuwenig gesprochen worden — einfach deshalb, weil man für die nachfolgenden Probleme zuwenig Zeit zur Diskussion hatte.

So sehr das Platzen der Verhandlungen seitens der Studenten daher die Öffentlichkeit erstaunte, so erfreut äußert man sich seitens der Rektorenkonferenz über das Verhältnis zum Minoritenplatz.

Das geht so weit, daß man fast schon von einem „partnerschaftlichen Verhältnis“ spricht, das von beiden Seiten positiv befruchtet wird.

Tatsächlich hat sich auch im Firnberg-Ministerium nach erstem Sturm und Drang Realismus breitgemacht. Und war der Einfluß der (extrem links stehenden) sozialistischen Studenten offenbar im Ministerbüro sehr groß, will Frau Firnberg jetzt doch zu einer weitgehend einvernehmlichen Großlösung der Hochschulreform kommen — ähnlich, wie sie auch Justizminister Broda für die „großen Brocken“ der Rechtsreform anstrebt.

In dieser Konstellation könnte alsc tatsächlich eine neue Phase entstehen. Und sollte nicht Prestige- und Taktikdenken in der Hochschülerschaft die Oberhand behalten, war an eine nüchterne Fortsetzung des Dialogs auf anderen Ebenen zu denken.

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