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Vergessene „Saat“

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Habent sua fata libelli, und das Schicksal manchen Buches hieß Hitler. Die Büchergilde Gutenberg machte im Roman „Die Saat“ von Gustav Regler eine (Wieder-)Ent-deckung größter Bedeutung. Gustav Regler, deutscher Kommunist, Spanienkämpfer, schrieb in der Emigration den großen Roman über den Bundschuh zu Lehen, den Auftakt zu den Bauernkriegen. Dieser Roman ist nicht nur ein Werk von außerordentlicher Gestaltungskraft und ein Höhepunkt spätexpressionistischer Dichtung. „Die Saat“ ist, in einer tieferen Schichte und ohne Beeinträchtigung der historischen Evidenz, ein politisch-philosophischer Roman.

Gustav Regler hat sich mit seiner Hauptfigur Joss Fritz, wenn man das so sagen darf, kritisch identifiziert, und mit einem Blick von kalter Schärfe die Conditio des Rebellen und Revolutionärs analysiert. Es gibt Stellen, in denen blitzartig, in den Reflexionen des Bundschuh-Rebellen, die aktuellen Konstellationen der späten dreißiger Jahre sichtbar werden: Die Schweizer etwa, die die Rebellen nicht unterstützen, haben stellenweise verzweifelte Ähnlichkeit mit Stalin, der die deutschen Kommunisten im Stich ließ.

Regler bringt das ohne die geringste „Anpassung“ oder „Zurechtbiegung“ der von ihm gründlichst untersuchten historischen Realität fertig. Die Sensibilität des Revolutionärs erkennt intuitiv die verwandten Situationen. Die Wiederentdeckung hat, dank Satz und den Illustrationen von Michael Mathias Prechtl, hohes bibliophiles Niveau. Man wartet nun auf die Wiederentdeckung der Reglerschen Autobiographie ...

DIE SAAT. Roman von Gustav Regler. Büchergilde Gutenberg, Frankfurt/M., 360 Seiten, öS 120.—.

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