Dieser FURCHE-Text wurde automatisiert gescannt und aufbereitet. Der Inhalt ist von uns digital noch nicht redigiert. Verzeihen Sie etwaige Fehler - wir arbeiten daran.
Jüdische Arbeiter, sozialistische Revolutionäre
Im Wiener Jüdischen Museum erinnert die Ausstellung „Proletarier und Revolutionäre“ an die Rolle der jüdischen Arbeiterbewegung für Sozialdemokratie und Zionismus.
Im Wiener Jüdischen Museum erinnert die Ausstellung „Proletarier und Revolutionäre“ an die Rolle der jüdischen Arbeiterbewegung für Sozialdemokratie und Zionismus.
Im Wiener Diana-Bad, im Gebiet zwischen Donaukanal und Donau, feierte man 1927 den Ersten Mai auf Einladung des „Jüdischen sozialdemokratischen Poale Zion“ mit dem Wunsch, daß „unsere Maifeier eine Siegesfeier über das jüdische Bürgertum werden“ sollte. Proletarisches Selbstbewußtsein und nationale jüdische Anpassung, sozialistische Internationalität und Theodor Herzls Zionismuspolitik standen in heftigem Widerstreit. In Ländern wie Rußland, Polen, den USA, Großbritannien, Palästina und auch Österreich nahm die „Geschichte der jüdischen Arbeiterbewegung“ einen sehr verschiedenen Verlauf.
Die in erster Linie in Form von Fotos, Dokumenten, Textbeiträgen und nur wenigen Originalobjekten erstellte Ausstellung informiert über eine für die Geschichte des Judentums auch in Österreich wichtige politische Kraft. (Wobei in der aus dem Beth-Hatefutsoth-Museum in Tel Aviv übernommenen Schau der Österreich-Teil zu kurz kommt.)
Historisch nahm die jüdische Arbeiterbewegung im industriell rückständigen Osteuropa des 19. Jahrhunderts, insbesondere im zaristischen Rußland, ihren Ausgang. Durch die verspätete Industrialisierung und antisemitische Strömungen kam es zu einer rapiden Verarmung jüdischer Massen in Rußland und Polen. Als Folge von Pogromen und der Auswanderung aus dem Osten breitete sich das jüdische Industrieproletariat auch in Großbritannien, den USA und Österreich aus. So war Wien besonders als Zufluchtsort russisch-jüdischer Sozialrevolutionäre bedeutend und erlebte starke Zuwanderungen aus Galizien. Sozialisten traten einerseits für Gleichberechtigung der Juden und gegen Rassismus und Antisemitismus auf, andererseits befürworteten sie eine vollständige Assimilation der Juden.
1897 kam es in Wilna zur Gründung des Allgemeinen Jüdischen Arbeiter-Bundes, kurz „Bund“ genannt. Er war marxistisch und antizionistisch ausgerichtet und lehnte eine territoriale Lösung der Judenfrage ab. Jiddisch war für ihn die offizielle Sprache der Juden. Der sozialistische Zionismus gewann dagegen um die Jahrhundertwende an Bedeutung. Er wollte das jüdische Volk in Palästina vereinen und dort eine sozialistische Gesellschaft errichten. Als „Poale Zion “-Bewegung befürwortete er Hebräisch als Sprache der Juden.
Mit zunehmender Integration der Immigranten gingen jüdische Arbeiterbewegungen dann in den Arbeiterbewegungen der jeweiligen Länder auf. In Palästina leistete» Arbeiterparteien einen wesentlichen Beitrag zur Gründung des Staates Israel.
In Österreich wurden 1934 auch jüdische Arbeiterorganisationen verboten. Das Verhältnis der österreichischen Sozialdemokratie zu den jüdischen Arbeitern scheint noch kaum aufgearbeitet, wenngleich führende Persönlichkeiten der Partei wie Victor Adler, Friedrich Adler oder Otto Bauer jüdischer Herkunft waren.
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!