6754554-1967_41_07.jpg
Digital In Arbeit

Debatte in Israels Regierung

Werbung
Werbung
Werbung

In dieser Atmosphäre kam es zu einer heftigen Diskussion innerhalb von Israels Regierung, ob Militärdörfer errichtet werden sollten oder nicht. Israels ocfflzleiler politischer Kurs ist: keine Annexion der besetzten Gebiete von Zisjordanien — außer Ost-Jerusalem. Doch innerhalb der Regierung gibt es auch andere Meinungen, die nicht nur von dem rechtsradikalen Oheruthführer und Minister ohne Portefeuille, Menachem Begim., vertreten, sondern auch von den Mitgliedern der Liberalen Partei und der Achduth-Haa-vodah-Partei innerhalb der Regierung geäußert werden.

Diese Persönlichkeiten unterstützen die Lösung, daß Jbef reätes Gebiet nicht zurückgegeben wird“.

Diese Anschauung kristallisierte sich vielfach erst langsam heraus, als sich die arabischen Staaten weigerten, sich mit Israel an einen Verhandlungstisch zu setzen und irgendeine friedliche Lösung Oder Koexistenz zu ermöglichen.

Es begann auf der Tagung des Kibbuz Hameuchad, einer der drei großen Kabbuzbewegunlgen Israels, die mit der Achdluith Haavodah liiert ist.

Die verschiedenen Sprecher auf dieser Tagung forderten eine Besiedlung der von Israel okkupierten Gebiete, um durch sie Israels Anwesenheit zu besttätigen und zu betonen. Eine c^ntsprechende Resolution1 wurde auch gefaßt und von Arbeitsirniinistar Jigal Alan und Transportminister Mosche Carmel uniterBtützt. Die Regierung ignorierte — wenigstens offiziell — diesen Beschluß. Es meldeten sich einige Dutzend Freiwillige, die sich für solch eine Neuansiedlung bereiterklärten, doch machte man von dem Angebot keinen Gebrauch. Eines jedoch war trotz des Zauderns der Regierung beschlossene Sache: Die ehemaligen „demilitarisierten

Zonen“, die vom syrischen Militär dank der tepogaphischen Überlegenheit seinerzeit okkupiert worden waren, sind ein Bestandteil Israels und müssen deshalb besiedelt werden. Eine erste Gruppe von Soldaten, die der Kibbuzbewegung des Haschomer Hazair angehören, begab sich nach Banias, nähe den Quellen des Banias-Fkisses, und gründete dort eine neue Siedlung. Nach den alten taternationalen Grenzen zur Zeit des englischen Mandats handelt es sich hier um israelisches Hoheitsgebiet. .

Erinnerung an 1927

In bezug auf den „Gusdh Etzion“ ist die Situation völlig anders. Hier handelt es sich um ein landwirtschaftliches Gebiet in den Bergen von Hebron, das im Jähre 1927 in

jüdischen Besitz überging. Im selben Jahr wurde dort ein jüdisches Dorf errichtet, doch nach zwei Jahren wieder verlassen. Im Jahre 1943 erstand der „Gusch Btziion“ aufs neue. Birne Gruppe der religiösen Käibbuztoewegung siedelte sich dort an, und im Jalhre 1945 folgten ihnen zwei weitere religiöse und ein Kib-buz des Haschomer Hazaär. Nach dem Teilungsplan der UNO vom 29. November 1947 sollte dieses

Gebiet zu dem darin propagierten arabischen Staat gehören. Die Einwohner der vier Kibbuzim beschlossen trotzdem, weiter auf ihrem Grund und Boden zu verbleiben, eventuell als eine jüdische Minderheit in einem arabischen Staat. Es handelt sich um insgesamt ungefähr 300 bis 400 Männer, Frauen und Kinder.

Doch so weit sollte es nicht kommen. Statt eines arabischen Staates wurde die ganze Gegend von Zisjordanien von der Arabischen Legion Jordaniens besetzt. Die vier Kibbuzim waren völlig isoliert und abgeschlossen. Im Mai 1948 begann der Angriff. Es beteili'gten sich daran Tanks und Panzerautos der Legdon sowie Tausenide Freischärler aus der Umgebung. Tagelang Wurden die vier Kibbuzim, die zu ihrer Verteidigung nur Gewehre und ganz wenige Maschinengewehre hatten, von jordanischer Artillerie beschossen. Eine Einheit von 35 Studenten, die zur Verstärkung von Jerusalem auf Bergpfaden in das Gebiet gelangte, wurde völlig aufgerieben. Am 12. Mai 1948 war es endlich so weit. Es gelang den Jordaniern, das Gebiet zu durchbrechen. Ungefähr ein Viertel der Bevölkerung — Frauen und Männer — wurde gefangengenommen. Die Kinder waren vorher evakuiert worden Alle anderen wurden von den jordanischen „Siegern“, besonders aber von den Freischärlern, niedergemetzelt.

Als 'dieses Gebiet nun wieder von Israel okkupiert wurde, meldeten sich die Söhne der ehemaligen Siedler des „Gusch Etaion“ und forderten Neuansiedliungen auf dem Boden ihrer Heimat In einer Regierungssitzung wurde festgestellt, daß es sich hier um keinen' politischen Akt handle. Die neuen Siedler begaben sich nach einer Feier in Begleitung des alten gepanzerten Autobusses, der seinerzeit die Verbindung zwischen Jerusalem und dem „Gusch Etzion“ aufrechterhalten hatte — und mit dem Chauffeur, der damals diesen Bus chaufflerte —, in das ehemalige Lager der arabischen Legionäre, das auf den Trümmern des Dorfes Etzion errichtet worden war. Die jugendlichen Ansiedier haben bereits voll Schwung begonnen, die Erde ihrer Väter wieder zu bearbeiten.

Die israelische Regierung nahm offiziell an dieser Feier nicht teil und entsandte keine offiziellen Vertreter. Die Siedlung hat noch keimen rechtlichen Status und auch noch keinen Namen erhalten. Doch einige Dutzend Söhne der alten Einwohner und einige 'andere politisch ihnen Nahestehende begaben sich einfach an diesen Platz und bearbeiten 'dort den Boden.

Der israelischen Regierung ist klar, daß Israels Bevölkerung zu klein ist, um riesige Flächen 'durch Besiedlung zu erobern. Auch eine Masseneinwandeirung von Juden ist in absehbarer Zeit nicht zu erhoffen. Es ist kaum anzunehmen, daß neue Miiiitäidörfer in den besetzten Gebieten erstehen; auch wenn der politische Wille dazu vorhanden wäre, fehlt es an Menschen hierzu.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung