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Kurzes oder langes Konzil?

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Weniger als zwei Jahre trennen uns noch von dem mutmaßlichen Beginn des Ökumenischen Konzils Vaticanum II. Wenn es keine unvorhergesehenen Hindernisse und Verzögerungen gibt, wird das Konzil Anfang Oktober 1962 beginnen und vielleicht schon Ende November jenes lah-res beendet sein können. So zumindest ist die Mutmaßung eines immerhin berufenen Mannes, des Generalsekretärs der zentralen Kommission für die Vorbereitung des Konzils, des Erzbischofs Pericle Felici.

Die Mitteilung hat, was die Dauer des Konzils angeht, Überraschung, Erstaunen und auch Kritik hervorgerufen. Man erinnerte sich an das vorangegangene Konzil, das vom 8. Dezember 1869 bis zum 17. Juli 1870 versammelt war und es wahrscheinlich noch lange Zeit geblieben wäre, wenn nicht die Truppen Viktor Emanuels II. durch die Bresche an der Porta Pia in Rom eingedrungen wären und dem zeitlichen Regime des Papstes ein Ende gesetzt hätten. Das Vaticanum 1 hatte nur über 200 Antworten und Vorschläge der Bischöfe zu entscheiden gehabt, während die zwischen dem Mai 1959 und dem 30. April 1960 von dem Weltepiskopat. ein-j laufenden „responsa et consilia“ mehr als 2500 sind und acht dicke Bände füllen, von denen die ersten vier bereits gedruckt sind. In der von Monsignore Felici vorausgesehenen kaum zweimonatigen Dauer des Vaticanum Ii wollten verschiedene und wenig wohlwollende Kreise einen Beweis für undemokratisches Verfahren erblicken, indem eine wirkliche Debatte der versammelten

Konzilväter offensichtlich nicht möglich sein würde, diese als einfache Abstimmaschine funktionieren würden und ihr Votum vor allem dem zu gelten habe, was die Vorsitzenden der zehn vorbereitenden Kommissionen vorzulegen für gut befunden hatten. Kurz, der ökumenische Charakter des kommenden Konzils würd- ganz und gar verlorengehen. „Nach der Definierung der Unfehlbarkeit des Papstes konnte man ohne weiteres voraussehen, daß die Dinge so laufen würden und daß im Grunde die Einberufung eines Konzils an sich schon ein Akt übermenschlicher Freigebigkeit und Großmut von seitei eines Papstes ist, der zugleich absoluter Monarch und unfehlbar ist.“ So die giftige Bemer kung des linksstehenden Wochenblattes „Es presso“.

Die Vorwürfe gehen daran vorbei, daß ein Vergleich mit dem Vaticanum I und schon gar mit den weiter zurückliegenden Konzilien gar nicht möglich ist. Bei diesen waren oft nur ein paar Dutzend, beim Vaticanum I höchstens einige hundert Konzilväter anwesend. An dem kommenden Konzil werden etwa 2000 Bischöfe, dazu die Generaloberen der Orden, Theologen und andere hervorragende Kirchenmänner eingeladen sein, so daß man ohne weiteres auf die Zahl 3000 kommen wird. Die modernen Verkehrsmittel und die größeren finanziellen Mittel werden es den meisten Eingeladenen gestatten, auch wirklich an dem Konzil teilzunehmen. In den Plenarsitzungen wird es also wirklich recht „voll“ zugehen. Man muß sich die Frage vorlegen wie bei einer effektiven Teilnehmerzahl von einigen tausend eine Diskussion überhaupt abgewickelt werden kann.

Bei früheren Konzilien war das Problem meist in unverbindlicher Weise vom Papst selbst entworfen worden. Für das kommende sind die Kommissionen seit dem 17. Mai 1959 tätig, also mehrere Jahre vor dem eigentlichen Konzilbeginn. In seiner Ansprache am Tag der Unbefleckten Empfängnis Mariens, am 8. Dezember, hat Johannes XXIII. gesagt: „Das Konzil Vaticanum II ist offiziell noch nicht eröffnet, aber die vonbereitende Arbeit, welche die Auswertung eines dem Studium der zehn Kommissionen unterbreiteten immensen Materials mit sich bringt, ist in vollem Gange... das bedeutet praktisch bereits den Beginn des Konzils.“ Doch ist nicht allein die lange Vorbereitungsarbeit von Belang. Es hat vielfach Verwunderung erregt, daß die Vorbereitenden Kommissionen überaus weit gefaßt sind. Die große Anzahl ihrer Mitglieder ist sinnvoll, aber der Sinn ist nicht immer erfaßt worden.

HAUPTARBEIT IN DEN KOMMISSIONEN

Aber gerade um diesen Verdächtigungen auszuweichen, sind die Vorbereitenden Kommissionen so überaus weit geschaffen worden. In ihnen sitzen viele Bischöfe aus aller Welt, an der Zentralkommission unter dem Vorsitz des Papstes nehmen die Präsidenten der Bischofskonferenzen aller Länder teil. Durch ihren Umfang und durch di lange, eingehende Diskussion der Konzilsmaterie in den Kommissionen werden sie weitgehend repräsentativ, auch wenn ihnen nicht die Unfehlbarkeit des Konzils zukommt. Mit anderen Worten: Weil die Hauptdebatten bereits in den Vorbereitenden Kommissionen erfolgen, wird eine Diskussion auf dem Konzil selbst erst möglich gemacht. Ihre Sitzungen sind, wie Johannes XXIII. bemerkt hat, schon Konzil.Es kommt darauf an, bereits feste,

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