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Eine andere Ökonomie
Wer muß sich eigentlich mit wem versöhnen, könnte man fragen. Ein Beispiel unter vielen mag als Ausgangspunkt unserer Uber-legung dienen: Die Duisburger Kupferhütte darf laut amtlicher Genehmigung jährlich 525 Tonnen Blei, 350 Tonnen Kadmium, 175 Tonnen Chrom, 350 Kilo Quecksilber, und und ... in den Rhein pumpen (Morgenjournal vom 24. Juli 1985). Kann da eine
Versöhnung zwischen ökologischen und ökonomischen Interessen in einer Halbierung der zulässigen Belastung bestehen? Wohl kaum.
Niemand kann nämlich sagen, wieviel Kadmium oder Blei die einzelnen Pflanzen, Tiere oder auch der Mensch vertragen, welchen Weg die Gifte im Kreislauf der Stoffe nehmen werden. Wohl aber wissen wir — das sagt uns die Ökologie —, daß diese Stoffe über vielfältige Wege von Organismen aufgenommen, gespeichert und weitergegeben werden und daß sie die Lebensfähigkeit dieser Organismen beeinträchtigen. Denn deren Anpassungsfähigkeit ist beschränkt.
Für die Ökonomie ist der Fall erledigt, sobald das Kadmium im Abwasser und die Abwassergebühr bezahlt ist. Daß öffentliche Haushalte sich mit der Wasserreinigung herumschlagen und dabei Kosten verursachen, betrifft die Kostenrechnung des Verschmutzers nicht. Im Bruttonationalproi-dutt findet sich die Abwasserreinigung sogar als Aktivposten!
Diese Inkonsequenz rührt daher, daß die Ökonomie den falschen Kreislauf betrachtet. Besser gesagt: Sie ist auf den Kreislauf der Geldwerte fixiert: Gehälter und Gewinne werden gespart oder für Güter und Leistungen ausgegeben. Spareinlagen und Ausgaben fließen über Kredite und Verkäufe wieder in den Produktionsbereich, wo sie neuerlich
Einkommen bilden.
Was materiell mit den Gütern geschieht, interessiert die Wirtschaft eigentlich nicht. Unausgesprochen beruht sie auf der Annahme, daß Produkte im Zuge ihrer Nutzung aufgebraucht und damit bedeutungslos werden. Nur entspricht das nicht den Tatsachen.
Materie kann zwar ihre Zusammensetzung ändern, sie kann in Energie verwandelt werden, keinesfalls aber kann sie sich in Nichts auflösen. Daher spielt sich alles rund um uns in Kreislaufprozessen ab: Wasser-, Kohlenstoff-, Sauerstoffkreislauf ... Mit möglichst geringem Energieaufwand werden aus Materialien lebendige Ordnungen aufgebaut, am Leben erhalten und nach ihrem Absterben wieder in ihre Bestandteile zerlegt, um Material für den Aufbau neuer Ordnungen abzugeben.
Soweit fremde Stoffe in diesen Kreislauf eindringen, werden sie ausgesondert, fixiert oder abgelagert. Nehmen solche Stoffe jedoch überhand, brechen die eingespielten Ordnungen und die Lebewesen zusammen.
Versöhnung zwischen Ökonomie und Ökologie kann daher kein Kompromiß zwischen beiden sein. So wie die Ökonomie das Gesetz der Schwerkraft in ihren Plänen zur Kenntnis nehmen muß, so muß sie auch dem Bestehen von Kreisläufen und der Vermeidung von Vergiftungen Rechnung tragen. Ein Weg dazu ist sicher die Verringerung des Energie- und Materialflusses in der Wirtschaft. Bruckmann und Au-bauer machen (auf dieser Seite) Vorschläge dazu. Einschränken allein wird jedoch nicht reichen. Eine mit der Umwelt versöhnte Wirtschaft wird allzu giftige Stoffe gänzlich verbannen müssen, damit unsere Lebensgrundlage, die Pflanzenwelt, erhalten bleibt (siehe Illies).
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