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Wie Juden über die Araber denken

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Bei Israels Staatsgründung 1948 bildete die arabische Minderheit ca. zehn Prozent der Bevölkerung. Durch Zuwanderung, und insbesondere durch natürlichen Zuwachs ist ihre Zahl auf 15 Prozent gestiegen. Bis Ende dieses Jahrhunderts werden die Araber bis eine Million Einwohner des dann ungefähr 4,5 Millionen Seelen zählenden Judenstaates ausmachen.

Wie ist das Verhältnis der etwa drei Millionen Juden zu dieser Minderheit, die innerhalb der alten Grenzen Israels lebt, und zu der heute weitere 1,2 Millionen Palästinenser in den besetzten Gebieten hinzukommen? Damit befaßt sich eine Studie des Van Leer-Instituts in Jerusalem, die unter Leitung der Meinungstester, Frau Mina Zemach, Dan Kaspi und Mitchell Seligsohn angefertigt wurde.

Die israelische Demokratie hat allen Bürgern des Landes, ohne Unterschied von Religion und Nationalität volle Rechte eingeräumt. Zum Unterschied von den arabischen Staaten erhalten alle Araber in Israel volle Schulbildung, inklusive Mittelschule. Ihr Wohlstandsniveau ist im allgemeinen viel höher als der Durchschnitt in den arabischen Ländern - trotz des Reichtums der Petrodollarstaaten. Doch die Probleme des Zusammen- beziehungsweise Nebeneinanderlebens von Juden und Arabern in Israel selbst sind geblieben.

Die in Israel lebenden Araber wissen zwar die Demokratie - die einzige in allen Nahoststaaten - zu schätzen, beteiligen sie sich doch bis über 75 Prozent an den Kommunal- und Parlamentswahlen. Dennoch fühlen sie sich als arabische Minderheit diskriminiert. Die Tatsache, daß ihre materielle Lage dank ihres Fleißes und ihrer Geschäftstüchtigkeit sogar besser als der israelische Durchschnitt ist, ändert daran nichts.

Sie sind überzeugt, daß ihre nationalen Bedürfnisse im Judenstaat trotz kultureller Freiheit nicht richtig zum Ausdruck kommen. Das ist auch mit ein Hauptgrund, weshalb ein erheblicher Teil der arabischen Jugend sich mit den Zielen der PLO identifiziert und die Bestrebungen und Aktionen der palästinensischen Bevölkerung der besetzten Gebiete unterstützt.

Die Van-Leer-Studie fand heraus, daß zwei Drittel der jüdischen Bewohner Israels die demokratischen Rechte ihrer arabischen Mitbürger anerkennen. Wenn die jüdische Bevölkerung im allgemeinen auch eine positive Einstellung der arabischen Minderheit gegenüber an den Tag legt, gehen die Stellungnahmen der einzelnen Befragten aber doch weit auseinander, und das an sich positive Bild wird durch viele Extreme beeinträchtigt.

1223 Personen wurden bei der Meinungsumfrage interviewt. Davon fanden 26 Prozent die Araber „unhygienisch, schmutzig", 41,7 Prozent definierten sie als „primitiv", und 40,7 Prozent meinten, sie seien „aufbrausendaggressiv".

Bei den verschiedenen Diskussionen - die Interviews dauerten oft einige Stunden - betrachteten 57 Prozent der Befragten die Araber in Israel als illoyal dem Judenstaat gegenüber, 53 Prozent der Araber - so die befragten Israelis - würden sich freuen, wenn Israel von den Arabern eine Schlappe oder Niederlage einstecken würde.

Weitere 46 Prozent sind heute noch der Ansicht, daß sich die Araber in Israel noch immer nicht mit dem Judenstaat abgefunden hätten. Aber nur ganz wenige waren bereit, die israelischen Araber der Spionage zu verdächtigen. 16 Prozent sind eventuell bereit, eine solche Möglichkeit zu erwägen.

41 Prozent halten die Araber für äußerst fleißig, doch nur 26 Prozent haben dieselbe positive Ansicht vom jüdischen Arbeiter. 69 Prozent fanden, daß der Araber familienanhänglicher als der Jude sei.

Die Araber brauchen nicht in der israelischen Armee zu dienen, damit es zu keinen internen Zwisten wegen ihrer ethnischen Abstammung und ihren nationalen Pflichtgefühlen kommt. Trotzdem waren 36 Prozent der Befragten der Ansicht, man müsse den Juden, die drei Jahre in der Armee dienen und danach jedes Jahr ein bis zwei Monate ihren Reservedienst absolvieren, besondere Rechte einräumen, die den Arabern nicht zustehen. Hier zeigt sich doch die Skepsis vieler Israelis den Arabern gegenüber.

Im allgemeinen waren die Befragten mit negativer Einstellung zu den Arabern größtenteils Wähler der Likudliste von Begin, während die Wähler der oppositionellen Arbeiter-Partei - so die Van-Leer-Studie - mit der arabischen Minderheit mehr Nachsicht hätten. Die akademisch Gebildeten oder die mit höherer Schulbildung waren im allgemeinen bereit, den Arabern mehr Rechte zuzusprechen, als die Befragten der niedrigeren Bildungsstufen.

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