Katholische Aktion, Kaineder, Renner - © Foto: Kaineder

75 Jahre Katholische Aktion: "Frommes Alleinsein ist nicht unsere DNA"

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Wohin soll die Katholische Aktion Österreich nach ihrem „Aufbruchsfest“ zum 75-jährigen Bestehen gehen – bzw. pilgern? Präsident Ferdinand Kaineder und Vizepräsidentin Katharina Renner über ihre Vision.

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Wohin soll die Katholische Aktion Österreich nach ihrem „Aufbruchsfest“ zum 75-jährigen Bestehen gehen – bzw. pilgern? Präsident Ferdinand Kaineder und Vizepräsidentin Katharina Renner über ihre Vision.

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Wie politisch kann, darf, ja muss Kirche sein? Was die ­Parteipolitik betrifft, so wurde diese Frage in Österreich durch das „Mariazeller Manifest“ von 1950 beantwortet. Weder dürfe es zu einer „Rückkehr zum Staatskirchentum“ noch zu einer „Rückkehr zum Protektorat über eine Partei“ kommen, heißt es darin.

Politisch im Sinne von „Weltgestaltung aus dem Glauben“ und aus der „radikalen Botschaft des Evangeliums“ heraus müssten Christinnen und Christen freilich grundsätzlich sein, ist Ferdinand Kaineder überzeugt. Für die „Katholische Aktion Österreich“ (KAÖ), als deren Präsident der heute 67-jährige Theologe, Kom­munikations- und Organisationsprofi 2021 gewählt wurde, gelte das in besonderem Maße. „Wir können gar nicht nicht politisch sein“, erklärt Kaineder im FURCHE-Gespräch. „Ein Rückzug in die Sakristei oder frommes Alleinsein, das liegt nicht in unserer DNA.“ Konkret versteht er die kirchliche Laienorganisation als „Inspiration für die gesellschaftspolitischen Anliegen, die mit der katholischen Soziallehre“ gegeben sind – und die durch Papst Franziskus in der Enzyklika Laudato si’ von 2015 im Sinne eines „sozial-ökologisch-spirituellen Welt- und Menschenbildes“ neu buchstabiert wurden. Gefragt beziehungsweise angesprochen sind dabei alle Getauften – von Jung bis Alt, „gleichberechtigt in allen Wirkfeldern sowie barrierefrei“. Als leidenschaftlichem Pilger steht ihm dabei das Bild vom gemeinsamen Aufbrechen und Gehen vor Augen, vom „Pilgern im Jetzt“.

Dieses Motto prägt auch das „Zukunftsmanifest“ der KAÖ, das zu Christi Himmelfahrt bei der 75-Jahr-Feier der KAÖ in Linz präsentiert wird. Seine zentralen Punkte basieren auf jenen Themendossiers, die die KA als „Wegmarken und Orientierungspunkte“ zum synodalen Prozess erarbeitet hat: „Gerechtigkeit und Fairness“, „Demokratie und Teilhabe“, „Solidarität global“ – in Summe nicht weniger als „ein gutes Leben für alle“. „Avantgarde für eine neue kirchliche Präsenz in der Gesellschaft“: So lautet das Selbstverständnis anno 2024.

Avantgarde versus Reaktion

Dass angesichts multipler Krisen und neuer Unübersichtlichkeit „Avantgarde“ bei nicht wenigen an Attraktivität verloren hat und traditionalistische, ja reaktionäre Kräfte in Gesellschaft wie Kirche an Reiz gewinnen, sieht Kaineder mit Sorge. „Es ist eine unglaubliche Verführung, in das kristalline Verständnis von Kirche zurückzufallen“, sagt er. „Wenn die Welt fluider wird, ist die Sehnsucht der Menschen nach Ritualen und dem, ,wie es früher war‘, zwar verständlich. Aber ich glaube trotzdem, dass auch die Kirche fluid bleiben muss, weil sie gemeinsam mit den Menschen unterwegs ist.“ Nicht nur das Bedürfnis nach Ritualen, auch jenes nach Wertschätzung, Anerkennung, Zugehörigkeit und einer sinnvollen Tätigkeit sei groß. Und ein solches „Miteinander“ werde in der Kirche in vielfältiger Weise geboten.

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