Eine deutsche Zeitschrift hatte mich eingeladen, Konrad Adenauer zu seinem neunzigsten Geburtstag zu porträtieren. Das Bild war für den Bundestag bestimmt, ich sollte ein hohes Honorar bekommen. Ich stiftete es einem Heim für verwahrloste Kinder in Godesberg; es gab noch zu viele solcher Kinder in Deutschland. In Bonn, wo ich schon Heuss gemalt hatte, wollte ich Adenauer nicht malen, und er hatte Wichtigeres zu tun, als drei bis vier Wochen bei mir in Villeneuve zu verbringen. Soviel Zeit brauche ich meistens für ein Bild. Also kam ich erst im Frühling 1966 dazu, ihn in Cadenabbia zu treffen, wo er gewöhnlich seine Ferien verbrachte. Italienische Sicherheitsbeamten öffneten uns das Parktor zu seiner Villa. Wir fuhren einen steilen Weg unter dichten Bäumen hinauf, und in einem leichten Frühlingsregen erwartete uns oben der greise Altbundeskanzler. Den Hut in der Hand, öffnete er meiner Frau den Wagenschlag und lobte, daß sie die steilen Kurven geschafft habe, ohne reversieren zu müssen.
Man hat mich gebeten,’ einige erläuternde Worte zu dem von mir in letzter Zeit in London gemalten Deckenzyklus „Die Prometheussaga" zu sagen, der in diesem Jahre in der Biennale zum ersten Male öffentlich gezeigt wurde. Auf die Gefahr hin, daß ich mich mit dieser Erklärung nicht zeitgemäß äußern werde — meine Entschuldigung soll sein, daß ich zeit meines Lebens nicht malte, wie es die Mode verlangte —, bekenne ich hiemit, daß ich in diesem, was zumindestens die Ausdehnung betrifft, größten Gemälde von meiner Hand, bewußt und mit Absicht alle Tabus mißachtete, die heute