Als Paul VI. den Ingenieur Pier Luigi Nervi mit dem Bau der neuen Audienzhalle betraute, bewies er unvoreingenommene Kennerschaft der Moderne, indem er den bedeutendsten lebenden Baumeister Italiens wählte. Nervi gehört zu den Bahnbrechern im Umgang mit Eisenbeton, dessen selbsttragende Eigenschaften er mit kühner Phantasie beim riesigen Kuppelbau des römischen Sportpalastes (1956/1957), beim Florentiner Stadion (1930—1932) und bei den Ausstellungshallen von Turin (1960/1961) bereits voll zur Wirkung gebracht hatte. Mit dem von außen schlichten, innen überwältigenden Bauwerk hat die „Cittä del Vaticano“ seit Jahrhunderten erstmals wieder ein zeitadäquates Meisterwerk hinzugewonnen. Zwei gegeneinander gewölbte Schalen überspannen einen lichten Großraum, in dem bis zu 12.000 Besucher jeden Mittwoch bei der Generalaudienz (12 Uhr) den Heiligen Vater ungehindert auf der Tribüne im Blickfeld haben. Die dreikantig strukturierten Rippen des aus Fertigteilen konstruierten Netzwerks entsenden Strahlenbögen \ron Licht über das leicht ansteigende Auditorium. Das Podium ist mit elektrolytisch bronziertem Aluminiumblech schalldämpfend ausgestattet; jedes Wort dringt bis in den hintersten Winkel. Der Bau birgt über dem Atrium einen zweiten kleineren Kongreßsaal, wo die Sitzungen der Bischofssynode abgehalten werden. Die technische Ausstattung genügt allen zeitgemäßen Forderungen. An Räume für die Presse, für Radio und Fernsehen, an die sanitären Einrichtungen für die Öffentlichkeit, ist gedacht.