Wenn jemand B. Brechts „Dreigroschenoper oder Rolf Hochhuths oder Peter Weiss’ Stücke mit einer Posse von Nestroy zu vergleichen versuchte, würde dies vor allem den Eindruck einer Inkonunensurabilltät erwecken. Trotzdem könnte das Erforschen der Ursache jener Inkommensurabilität zur näheren Bestimmung des modernen Theaters beitragen. Der fundamentale Unterschied besteht nämlich in der grundverschiedenen Beziehung zur Wirklichkeit. Brecht, Weiss, Hochhuth u. a. stehen darin viel näher einem Schiller, Kleist (ja sogar Hölderlin) als Nestroy, weil sie in ihren Stücken an das spiritualistische Erbe des 19. Jahrhunderts treu anknüpfen, wogegen Nestroys Beziehung zur Wirklichkeit noch auf den „kreatürlichen Realismus“ eines Shakespeare und Dante zurückweist.