Abend der Kontraste

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"Winter was hard": Tanztheateruraufführung in Innsbruck.

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"Winter was hard": Tanztheateruraufführung in Innsbruck.

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Ein Tanztheaterabend der Kontraste war angekündigt - und kontrastreich ist es auch zugegangen. Im ersten Teil des Premierenabends am Tiroler Landestheater setzt sich der junge, mit zahlreichen Lorbeeren behaftete Choreograph Manfred Aichinger (Gastchoreograph in der Wiener Staatsoper, in Graz, Salzburg ...) auf abstrakter Tanzebene mit den heute vielfach winterhart gewordenen zwischenmenschlichen Beziehungen auseinander.

"Winter was hard" - eine Uraufführung - entwickelt in variantenreichem Tanzvokabular kunstvoll vernetzte Sequenzen moderner Zeitgeistdeutungen. Vereinsamt, mit erstarrten Körpern bewegen sich die Tänzer und Tänzerinnen des Innsbrucker Ensembles zur kongenialen Musik Martin Kratochwills, bis sich die verkrampften Glieder nach und nach lösen, Sehnsüchte erwachen und Freundschaften entstehen, die allerdings rar sind. Denn, eingebunden in die identitätslose Masse, bleibt der Mensch von heute letztlich sich selbst überlassen, unfähig, dem anderen die Hand zu reichen. Eine lyrisch durchwobene Tanzkreation in kultiviertem Bewegungsablauf mit verinnerlichter Ausdruckskraft zur künstlerischen Einheit gebracht !

Vom Abstrakten zum Narrativen, vom Winter in die Sommerfrische der Familie Bichlbauer führt Aichingers Teil II (Regie Günter Mörtl) und -landet bei der Premiere voll im Kuhfladen ! Was anfänglich burlesk und tollpatschig scheint - das bäuerliche Hopsen, Jodeln, Schäkern auf dem Klangteppich von Lehar, Strauß und Volksmusi - wird bei "Sommerfrische und andere Ausflüchte" bald schnarchlangweilig. Wohlgemerkt: ohne Schuld der sich redlich plagenden Tanzkünstler! Und wenn die eher witzlosen ländlich-sittlichen Beschaulichkeiten - weder Tanztheater noch Pantomime -, das Federballspiel, Vogelfangen, Frühlingserwachen des Herzens, nicht und nicht zu Ende kommen wollen, da reagieren die Tiroler ausgesprochen sauer. Aufgebrachtes Buhrufen ertönte, dem der beschaulichere Rest des Premierenpublikums besänftigendes Applaudieren entgegenzusetzten suchte. Wie gesagt: Ein Abend der Kontraste.

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