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"Die Blendung" von Elias Canetti wurde in einer mutigen Bühnenversion an der Probebühne des Schauspielhauses Graz uraufgeführt.

Auch Graz nimmt sich seiner an und feiert Elias Canettis 100. Geburtstag. Den Anfang - und der ist, bezieht man die noch ins (Literatur-)Haus stehenden Kunstprojekte rund um Canettis Jubeljahr mit ein, mit Abstand das kühnste Projekt - bildet die Aufführung des Romans "Die Blendung". Zum Stück extrahiert und inszeniert hat den Jahrhundertroman Friederike Heller. Am Ende, so lesen wir im dritten Teil, überzieht das beklemmend irrsinnige Gelächter des Sinologen Peter Kien Welt und Geist. Canettis Held, "von den Göttern mit Büchern gefüttert", verbrennt an den Abhängen der Wirklichkeit, die sich unter den Röcken seiner Haushälterin auftun.

100 Minuten lang konfrontiert Friederike Heller, zwischen szenischer Lesung und heftigem Schauspiel pendelnd, das Publikum mit Canettis Figurenvolk. Drei männliche Irrköpfe (Sebastian Reiß, Thomas Kornack, Erik Göller) spielen dem "Büchermenschen" Peter Kien (Franz Solar) und der habgierigen Haushälterin Therese Krumbholz (Vivien Mahler) Canettis hoch reaktionsfreudigen Sprachschatz zu. Als Ambiente taugen vier lustlose Stahltische, ein Wand- und Bodenbelag, der mit unzähligen Buchrücken gemustert ist. Alles wird einmal über die Bühne geschleudert und zu Fall gebracht. Mitunter brodelt und blubbert es unnötig laut.

Auf Klamauk und kniehohe Lachsalven wird gesetzt, was der Ernsthaftigkeit, mit der die junge Regisseurin das Stück betreibt, nicht gut tut. Meister Canetti und Fräulein Jelinek finden in Buchform Eingang in Kiens "Kopf ohne Welt". Und werden den Bühnenwahn nicht überleben.

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