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Am Abgrund des Tötens

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Grell reflektiert das Weiß der Kostüme und Masken das Licht, unsichtbar stehen James Joyce, Georg Büchner, Samuel Beckett oder Jack Kerouac neben dem Tiroler Autor Egon A. Prantl, dessen Stück „Terror" in Innsbruck uraufgeführt wurde. Auf drei Wänden aus Sackleinen plaziert der Regisseur Dietrich W. Hübsch die Insassen eines Lagers mit ihren Wächtern. Die Meute ist bunt und dechronologisch und wälzt sich schaumgummigebremst auf dem Boden: General Ulysses Grant (Peter Zimmermann) neben dem Apachen-Häuptling Geronimo (Martin Müller-Reisinger), Jimmy Valentine (Ernst Gossner) als Soldat, und Mann fürs Grobe, General George Custer (Günther Lieder), Schierlich der ewige Jude (Werner Strenger), mit einem ahasverischen Nimbus, Miss Paine (Sabine Podlaha) und Ma Baker (Eleonore Bürcher), die Mutter, die eigenhändig ihre vier Söhne umbringt.

Und über allem das ES, eine Wesin, welche die einem unendlich entfernten, verworfenen Gott entrissenen Fäden zieht. Aber das ES ist unbarmherzig, es verfügt nicht über einen Funken Hoffnung, aus dem Kreislauf des Kain-Abel-Fluchs erlöst zu werden.

Xenophon beschreibt im vierten Jahrhundert v. Chr. in seinem Bericht „Anabasis", den Krieg des Kyros gegen Ataxerxes IL: ein Schlachten ungeheuren Ausmaßes. Euphemistisch als erste authentische Militärberichterstattung zu lesen. Danach sind die Schlachten von Troja, Stalingrad, Dien Bien Phu, Little Big Horn, Ison-zo nur noch historische Daten.

Prantl setzt seine Figuren gewissenhaft, spielt mit den klassischen Bedeutungen von Namen, führt dem Publikum die Unvereinbarkeit zwischen literarischer und tatsächlicher Welt vor Augen. Trotz der Verschiebung auf die grotesk-clowneske Ebene wird deutlich, daß der Terror heute keinen Ausnahmezustand mehr kennzeichnet, sondern den Alltag. Mit den Bildern der Wirklichkeit des Krieges, des Elends, der Zerstörung in zu vielen Ländern dieser Erde müssen wir fertig werden.

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