Am Anfang war die Schnürbrust

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Pikante Einblicke in die Kulturgeschichte der Dessous im Zeughaus-Museum Innsbruck.

Schon die Schlangengöttin von Knossos trug vor 4.000 Jahren ein knallenges Miederleibchen zur Betonung ihrer Busenfülle. (Im Museum von Heraklion zu bewundern.)

Zu bewundern sind auch - anlässlich der Schau "Das Unsichtbare" im Innsbrucker Zeughaus-Museum - ein Sortiment kesser Korsetts als mutmaßliche Nachfahren der göttlichen Schnürbrust. Hier erfährt man im Weiteren, dass dieses Verführungsinstrument mit eingebauten Marterwerkzeugen wie Fischbein, Holzstäbchen, Stahlschienen bereits ab dem 16. Jahrhundert in die "Unterwelt" der modebewussten Dame Eingang gefunden hatte. Und ihr in seiner Hochblüte im 19. Jahrhundert zu einem bizarren Taillenumfang von 45 - 50 cm verhalf. Die keusche Lady wurde auf Grund der Mode zu einem ohnmachtsanfälligen, schwächlichen Geschöpf, dem die Männer gottlob weder geistige noch körperliche Anstrengung zumuten konnten.

Im Laufe seiner Entwicklung mutierte das röschen- und rüschenbesetzte Mieder, mit einigen kleineren Aussetzern in den 1930er Jahren oder in Kriegszeiten, unter anderem zum vorne geknöpften "Leiberl", zum hochbrüstigen Bustier, nach dem 2. Weltkrieg zum Trichterbüstenhalter plus Petticoat aus Nylon, zum Wonderbra und so weiter.

Aber was war eigentlich vor diesen verführerischen Dessous-Zeiten bei uns unter der Damen-Oberbekleidung los?

Delikate Geheimnisse

Auch da weiß man im Zeughaus Bescheid: Nichts war los - im besten Fall gab es ein Tag- und Nachthemd aus Leinen; ein "Niderkleit", das ein Mal im Monat gewaschen wurde. Wie vorbildlich trug sich da doch die Römerin in ihren "fasciae", die eigens für ihre kleinen "modischen" Brüste angefertigt waren - sozusagen die Vorgänger unserer BHs - und den dazugehörigen Tangahöschen!

Und immer mehr delikate Geheimnisse um das "unsichtbare" Darunter werden in der Innsbrucker Ausstellung ungeniert gelüftet. Da steht man zum Beispiel recht erschüttert vor einem kratzig-steifen Rosshaar-Unterrock, zur eisenbewehrten Krinoline gehörig, für die beim Stehen eine Fläche von zwei Quadratmetern benötigt wurde - und die die Trägerin wieder einmal total einschränkte!

Danach kippte man ins krasse Gegenteil, wie die Schau im Zeughaus bildhaft erklärt, zwängte die Modepuppe in extrem enge Unterwäsche aus Seide wie auch in straffe Hüftgürtel (deren Vorreiter wohl die eisernen Keuschheitsgürtel waren?), die frau zu hilflosen Trippelschrittchen zwangen - unfrei erneut! Man registriert weiters die knielangen "Beinkleider" aus dem 19. Jahrhundert, die im Schritt offenen "Unaussprechlichen", die revolutionäre Hemdhose mit abklappbarem Poteil (um 1910) und vieles andere mehr. Kichernd begrüßt man das fortschrittliche, kecke Pumphöschen, die selbstgestrickten Strümpfe mit erotischem Strumpfband und bedauert im Vorübergehen die noble Dame um 1900, die ca. 2,5 kg an Unterwäsche (inklusive Wollpfropfen für Büste und Gesäß) mit sich herumschleppen musste.

Schließlich und endlich verlässt frau die Show mit einem Gefühl der Erleichterung. Die Zeiten der "Unsichtbaren" und ihrer modischen Zwänge sind vorbei. Das "Darunter" ist allein Frauensache: Ob raffiniert, luxuriös, einfach, seidig oder baumwollig, biologisch, mit oder ohne - schön ist, was gefällt und frei macht.

Das Unsichtbare.

Einblicke in die Kulturgeschichte der Frauenunterwäsche

Museum im Zeughaus, 6020 Innsbruck, Zeughausgasse (in Zusammenarbeit mit dem Meraner Frauenmuseum "Evelyn Ortner")

www.tiroler-landesmuseum.at

Bis 19. September täglich 10-17 Uhr.

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