Architektur für Obdachlose

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Werbeflächen möchte der slowakische Architekt Matej Nedorolik nutzen und zumindest als temporäre Wohneinheiten Obdachlosen zu Verfügung stellen. Sein Wohnkonzept gibt er zur Nachahmung frei.

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Werbeflächen möchte der slowakische Architekt Matej Nedorolik nutzen und zumindest als temporäre Wohneinheiten Obdachlosen zu Verfügung stellen. Sein Wohnkonzept gibt er zur Nachahmung frei.

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Das Phänomen der Obdachlosigkeit ist in den letzten Jahrzehnten zu einer globalen Herausforderung geworden, und zwar nicht nur in Kriegs-, Katastrophenund den sogenannten Entwicklungsgebieten. Die Kriterien für Lösungen sind sehr komplex, sie reichen von sozio-psychologischen Herausforderungen bis zum weiten Feld der Verwaltung oder die durch die ungleiche Verteilung der Güter verursachte "Arm-Reich-Schere", um nur einige zu nennen. Die meisten der nicht davon Betroffenen sind sich einig, dass man irgendwie helfen sollte. Und es gibt eine Menge Ideen zur Schaffung von Wohnraum für Obdachlose, wie unter anderem auch ein aktuelles Projekt aus Österreichs Nachbarland Slowakei zeigt.

Konstruktion aus Holz und Stahl

Das Gregory-Project wurde ursprünglich für die Stadt Banská Bystrica geplant, lässt sich aber auch in jeder anderen Stadt realisieren - so auch in Wien. In der Slowakei wie auch hier ist der Stadtraum von technoiden Konstruktionen mit Werbetafeln und Billboards übersät. Ihre Aufstellung ist kostspielig, ihr Unterhalt und die Auslastung durch Werbekunden eine Frage der Konjunktur.

Der Kopf hinter dem Gregory-Project ist der slowakische Architekt Matej Nedorolik. Sein Anliegen ist es, durch eine Optimierung dieser Konstruktionen einen (zumindest temporären) Wohnraum für Obdachlose zu schaffen. Der dreieckige Grundriss der meisten Billboards brachte ihn auf die Idee, zwischen den Tafeln eine Ebene und darüber ein Dach einzuziehen. Die erzielte Kubatur wird in zwei Bereiche/Räume aufgeteilt: eine erhöhte Schlafnische mit darunterliegendem Stauraum und eine Kochnische mit Ess- oder Arbeitsplatz. Zusätzlich eine - in die zur Straße zeigende Ecke geschobene - Nasszelle mit Dusche und WC und einen kleiner Schrankraum.

Die Konstruktion besteht aus Holzpfosten, die auf der ohnehin notwendigen Stahlbetonfundamentierung stehen. Die Stiege in diese Behausung kann aus Holz oder Stahl sein, die gesamte Inneneinrichtung, Wände etc. wieder aus Holz- bzw. Sperrholzplatten. Zwei Fenster zur straßenabgewandten Seite geben das nötige Tageslicht.

Matej Nedorolik meint, dass nur minimale Erhaltungskosten, die durch die Vermietung der Werbeflächen leicht gedeckt wären, entstehen. Wasser- und Stromanschlüsse gibt es heutzutage fast überall. Wenn man die Stromkosten, die notwendig sind, um diese Billboards während der ganzen Nacht zu beleuchten, ausrechnet, wird man wahrscheinlich herausfinden, dass eine geringe Optimierung, oder eine stundenweise Abschaltung während der Nachtstunden bereits die Kosten für den Innenausbau und die Materialien refinanziert. Das würde gleichzeitig weniger Umweltverschmutzung durch die Reduzierung des Lichtsmogs mit sich bringen. Die Größe der Anzeigenflächen ändert sich nicht, allein eine Stiege wird zum Betreten des Wohnbereichs zwischen den Tafeln benötigt.

Das Konzept als Open Source

Finanzieren ließe sich diese Unterkunft für Obdachlose natürlich auch über Firmen und Sponsoren, die ihre Logos oder Sonstiges auf den Werbeflächen anbringen können, ebenso über eine Verlinkung des Logos des Gregory-Project auf die eigene Webseite. Der Mehrwert für Beteiligte liegt in der Involvierung in ein soziales Unterfangen, etwas, das gerade heute immer mehr ins Bewusstsein der Öffentlichkeit tritt.

Matej Nedorolik wollte eine Antwort auf diese existenziellen Fragen finden und versteht sich und den Vorschlag als eine "Open Source"-Initiative. Er stellt seine Idee für die Weiterentwicklung durch Architekten, Designer, Künstler zur Verfügung - jeder kann sie aufgreifen, erweitern und neue Variationen erfinden, und sie frei weiter verbreiten. Project Gregory - billboard housing ist als Non-Profit-Plattform aufgebaut und soll für alle Stadtverwaltungen nutzbar sein: ohne jegliche finanzielle Forderungen für die Nutzung und Weiterverwendung von Seiten des Autors.

Auf der Internetplattform Kickstarter.com wurde eine Crowdfunding Kampagne zur Finanzierung gestartet. Dort läuft auch ein Dokumentationsvideo über das Vorhaben.

Weitere Informationen

www.kickstarter.com/projects/913543095/project-gregory?ref=category

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