Baltische Perspektiven

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Kunst aus dem Baltikum im Taxispalais, Innsbruck.

Fünfzehn Junge Künstler und Künstlerteams aus Estland, Lettland und Litauen stellen in der Landesgalerie im Taxispalais in Innsbruck Videos, Installationen, Fotografien und Objekte vor, die bestätigen, dass die innovative baltische Kunst den Abgesang des Kommunismus mit einem kräftigen Lebenszeichen erwidert hat. Die ungewöhnliche Ausstellung "The Baltic Times" - nach einer baltischen Zeitung - zeigt sich aktuell, provokant, radikal, kritikfreudig, erschütternd und voll und ganz zeitgeistig.

Schöpfend aus bitterer Erfahrung, den Blick scharf auf die Konzepte der westlichen Wohlfahrtskunst gerichtet, hat sich die baltische Avantgarde ihre eigenständigen Positionen errichtet. So kniet Ene-Liis Semper in ihrem Video am Boden einer galerieartigen (westlichen?) Box, die sie provokant-devot zentimeterweise abschleckt. Das Verhältnis zwischen Realität und Illusion untersucht Gintaras Makarevicius mit Spiegeln, die bei Drehung die Identität der Betrachter auflösen, während Kai Kaljos Identität in dem Video "Liebesbrief" gar nur als Schatten evident ist. Egle Rakauskaite wiederum kritisiert mit ihrer Rauminstallation "Chocolate Cruzifixis" - aus Schokolade gegossenen Kruzifixe - den krassen Gegensatz zwischen der süßlich-mythischen katholischen Tradition und der bitter-realen Sozialsituation in Estland. Unterschwellig bissig experimentiert Eriks Bozis mit diversen "Perspektiven", indem er die Beine einer Parkbank just vor dem Tiroler Landhaus (für "Hohe Tiere" oder "Gestelzte"?) extrem verlängert. Zutiefst erschüttert das Video von Ilmars Blumbergs und Viesturs Kairiss ("Zauberflöte"), das die in Riga wohl übliche Eilbestattung der Allerärmsten in einem Waldstück dokumentiert. Ausschnitte aus der "Zauberflöte", intoniert von surreal kostümierten Mitgliedern der Lettischen Nationaloper, sind makabrer Hinweis auf Mozarts letzte Ruhestätte in einem Armengrab.

Bis 23. Mai

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