Bei allem, was er tat, ein Pionier

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Das Hofmobiliendepot erinnert mit einer Ausstellung an den vor 25 Jahren verstorbenen visionären französischen Produktdesigner und Konstrukteur Jean Prouvé.

Jean Prouvé war ein Produktdesigner von Weltrang. Viele seiner Möbel genießen heute Kultstatus. Er war aber auch ein sehr innovativer Konstrukteur, der mit filigranen Vorhangfassaden, Tragwerken und Details die Architektur seiner Zeit maßgeblich beeinflusste. Im Wiener Hofmobiliendepot lässt sich in der Ausstellung "Jean Prouvé. Die Poetik des technischen Objekts" nun das ganze kreative Spektrum dieser außergewöhnlichen Künstlerpersönlichkeit entdecken.

Armstützen aus breiten Ledergurten, Kufen aus beschichtetem Aluminium und dynamische Formen: Den Sessel Cité entwarf Jean Prouvé 1930 für das Studentenwohnheim in Nancy, später standen einige davon im Wohnzimmer des Hauses (1953/54), das er für sich und seine Familie baute. Viele Restbestände aus seiner bisherigen Fabriksproduktion kamen dabei zum Einsatz.

Vor 25 Jahren starb er, aus diesem Anlass ist im Wiener Hofmobiliendepot nun die sehenswerte Schau "Jean Prouvé. Die Poetik des technischen Objekts" aus dem Vitra Design Museum zu sehen. Gezeigt werden etwa 75 Exponate, die diese vielseitige Künstlerpersönlichkeit umfassend porträtieren. Pläne, Fotos, Skizzen, Möbel und Teile von Fassadenelementen vermitteln seinen konstruktiven Ansatz. Eine Serie seines Standardstuhls dokumentiert, wie er bewährte Lösungen weiterentwickelte, an seinem Gesamtwerk erkennt man, wie er sie in unterschiedliche Kontexte transformierte.

Multifunktionalität, Flexibilität und Recycling prägen seine Arbeiten, die bis heute visionär anmuten. Prouvé war auch ein innovativer Konstrukteur, der die Architektur seiner Zeit um filigrane Stahltragwerke und viele Patente für Vorhangfassaden, Trennwände, Türen und Fenster bereicherte. Außerdem entwickelte er Leichtbausysteme, aus denen sich rasch diverse Behausungen herstellen ließen. So entwarf er u. a. demontierbare Baracken für das Ingenieurkorps der 5. Armee (1939), Häuser für die Tropen (mit Architektenbruder Henri, 1949) und designte für Citroën schicke Schalenhäuser mit stromlinienförmig gebogenen Sheddachelementen (1950-52). Für Abbé Pierre, den Gründer der Emmaus-Bewegung, plante er voll ausgestattete Wohnstätten für Obdachlose mit vorgefertigten "Monoblocs" für Küche und Sanitärzellen (1955/56).

Nachhaltig, multifunktional, flexibel

Die Universität von Aix-Marseille verdankte ihm einen Hörsaalstuhl mit wegklappbarem Holzpult und einer traktorartigen Sitzfläche, um die sich wie ein Mantel eine hohe Rückenlehne windet, die in einem Metallguss in die schrägen Stahlrohre der Beine übergeht (1951/52). Viele seiner Möbel haben heute Kultstatus und erzielen Höchstpreise, Re-Editionen sind im Vitra Showroom zu sehen.

Prunkstück der Schau ist das 1:1-Originalmodell einer Flüchtlingsbaracke mit extrem minimierter Konstruktion. "Jean Prouvé war ein ganzheitliches Phänomen. Er dachte in Synergien, war gesellschaftlich engagiert und hatte ein einzigartiges Talent, kreative Kräfte um sich zu bündeln", so Co-Kurator Mathias Schwartz-Clauss. "Bei seinen Produkten ging er immer vom Material aus."

In seinem Geburtsjahr 1901 begründete sein Vater, der Maler Victor Prouvé, die "Schule von Nancy", eine Keimzelle der "Arts and Crafts"-Bewegung, mit. Jean Prouvé war gelernter Kunstschmied, 1924 richtete er seine erste Werkstatt ein, 1929 meldete er erste Patente für Trennwände, Metalltüren, Schiebefenster, Aufzugskabinen und Kioske an. Er war ein herausragender Designer mit starkem sozialen Bewusstsein und bei allem, was er tat, ein Pionier. Als Fabrikant legte er Wert auf Teamwork und Mitarbeiterbeteiligung, als Konstrukteur nutzte er die Technologien der Eisenbahn-, Auto- und Flugzeugindustrie, als Designer entwarf er Produkte, die schön, multifunktional und günstig waren.

Feines Gepräge

Viele Architekten kooperierten mit ihm, vielen Bauten drückte er seinen Stempel auf. So sind die Fassade und das zu öffnende Glasdach des Volkshauses in Clichy (Architekten Eugène Beaudouin, Marcel Lods) und die leichte Stahlkonstruktion mit den flexiblen Sonnenschutzpaneelen, die dem Wohnhaus am Square Mozart (Architekt Lionel Mirabeau) in Paris sein feines Gepräge gibt, von Jean Prouvè. In der Schau lässt sich noch weit mehr entdecken.

"Jean Prouvé. Die Poetik des technischen Objekts."

Hofmobiliendepot, Möbel Museum Wien,

Andreasgasse 7, 1070 Wien.

bis 21. 6., täglich außer Montag 10-18 Uhr

www.hofmobiliendepot.at

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