Betreff: Wie man heute Theater macht

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Die 30-jährige Tirolerin Petra Maria Kraxner wird als "Neuentdeckung des Theaters“ tituliert. Zu Recht: in ihrem Drei-Personen-Stück fächert Kraxner die Themen der Zeit auf, schaut auf das, was man als "normal“ betrachtet, auf die Lebensgrundlagen (Wohnung, Job, Familie) in einer durcheinander geratenen Welt.

Die Szenerie erscheint auf den ersten Blick durchaus konventionell: In einem Hotelzimmer begegnet die junge Ophelia dem Callboy Gabriel. Ophelia ist ihr Nickname.Im Internet tummelt sich die Weltverbessererin mit Leserbriefen, deren Betreff-Inhalte die Fragen der Zeit behandeln - Umweltverschmutzung, steigende Mieten und Gentechnologie. Als arbeitslose Sozialwissenschaftlerin lebt sie in prekären Verhältnissen, die sie bisweilen durchbricht - in Hotelzimmern mietet sie einen Lover, um zu etwas menschlicher Wärme zu gelangen.

Die Begegnung mit dem attraktiven Gabriel verläuft anders als geplant. Der Callboy fällt immer wieder in Ohnmachten und erhält in diesen "Zwischenwelten“ Weissagungen von einer ominösen Figur. Identität(en), Fiktion und Realität durchdringen einander. Bis zum Ende der gut einstündigen Inszenierung verfolgt eine wesentliche Frage die beiden Sehnsüchtigen: wie soll man leben zwischen oktroyierten Regeln und eigenen Wünschen?

Reduzierte und eigenwillige Sprache

Regisseurin Caroline Welzl (geb. 1981) löst die Szenen grotesk-überhöht. Vor allem Daniel Jesch motiviert den Gabriel aus einer Todesangst heraus und gibt dem in Wirklichkeit Halt suchenden jungen Mann tragikomische Züge. Er ist zugleich eitler Gockel, cooler Geschäftsmann und hilfloser Liebender - und gibt dieser Figur, die Kraxner über eine reduzierte, eigenwillige Sprache definiert, Fleisch. Jana Horst hat es als Ophelia bedeutend schwerer. Wie lebt eine hochqualifizierte, sozial beeinträchtigte Weltbessererin? So chic wie Horsts Ophelia vermutlich nicht. Im braven, sichtlich neu erworbenen beigen Kleidchen, mit geflochtenem, hochgestecktem Haar bleibt sie bis zum Ende unentschieden zwischen bieder und unkonventionell, blitzgescheit und naiv. Das mag von der Regie zwar gewollt sein, bleibt dennoch ebenso unstimmig wie Sven Dolinskis Darstellung des Agenten G. Sichte. Er fungiert als Motor für die G.(e)S(ch)ichte, als schwarzer Engel mit mäandernder Stimme, unerträglich zum Zuhören, selbst wenn man ihn als Botschafter aus einer anderen Dimension sehen möchte. So einen Weissager braucht man nicht. Eh nicht, mögen die Figuren sagen, die schließlich zueinander finden und hoffen lassen, dass Gefühlsverschwendung statt Energiesparen siegt.

Weitere Termine

18., 22. März, 8., 17., 18. April

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