Bis 1971 auf ihr Recht gewartet

Werbung
Werbung
Werbung

Petra Volpes Film spielt zwar im 20. Jahrhundert, aber in der Schweiz herrschte immer noch Stillstand. Selbst Anfang der 1970er gab es zwischen den Geschlechtern noch keine "volle Freiheit auf beiden Seiten", wie sie bereits Ibsens Nora in dem gleichnamigen Theaterstück von 1879 postulierte. Die Nora in "Die göttliche Ordnung" besitzt weiterhin nicht die gleichen Rechte wie der Mann. Aber die Hausfrau und Mutter beginnt sich zu emanzipieren und bildet mit dem patenten Urgestein Vroni ein Aktionskomitee für das Frauenstimmrecht.

Volpes erfrischender Film über den Kampf für das Wahlrecht bezieht sein Fundament aus einer soziologischen Sichtweise. Er basiert auf ausführlichen Recherchen, die in die Figuren eingeflossen sind. Dabei gibt er die altväterlich-angestaubte, aber auch beflügelnde Atmosphäre jener Jahre treffend wieder -stellenweise mutet sie komisch an -und spinnt zugleich Ibsens Theaterstück mit optimistischem Ton weiter. Er verfolgt, wie sich seine politisch unbedarfte Heldin jetzt davon überzeugen kann, wer recht hat: die Gesellschaft oder sie selbst?

Die Beweglichkeit der Frauen

Und die Frauen bekommen 1971 ihr Recht, weil sie, wie Nora, beweglich sind und durch ihr Engagement sich und ihre Ehemänner, ihre Familie und damit auch das ganze Dorf verändern. Angefacht wird der Wandel durch den Zeitgeist, durch die sich ausbreitende Konsumkultur und besonders durch die Studenten-und Jugendrevolte von 1968.

Der Film vermeidet, den Kampf als unerbittliche Konfrontation zwischen den guten Frauen und den bösen Männern zu inszenieren. Plastisch, mithilfe einer sensiblen Kameraführung und Lichtdramaturgie, führt er vor, wie der Einzelne, ob Frau oder Mann, Einfluss nehmen kann.

Wenn er sich aufzulehnen wagt gegen das Kollektiv, gegen engstirnige Normen und Werte. Denn diese ungleiche Ordnung machte Frauen wie Männer unfrei und unglücklich. Das Glücksversprechen der Aufklärung gilt aber für beide.

Die göttliche Ordnung CH 2017. Regie: Petra Biondina Volpe. Mit Marie Leuenberger, Maximilian Simonischek, Rachel Braunschweig. Thimfilm. 96 Min.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung