Blendende Pointen

In Linz blickt nicht nur die Fachwelt interessiert auf eine neue (zweite) Oper von Balduin Sulzer der heute seltenen heiteren Sparte, die am Landestheater unter Ovationen uraufgeführt wurde: "Proteus oder Alte Griechen und junge Frauen" nach der vergessenen Paul-Claudel-Komödie, deren Text sich der Komponist selbst zurechtkürzte. Es blieb aber noch genug übrig für Sulzers Pointen in einer Musik, die zwar nicht so überschäumend klingt wie bei Rossini oder Donizetti, aber für das 26 Mann starke Bruckner-Orchester, von Roman Zeilinger geleitet, blendend instrumentiert ist und auf die Sprachmelodie abzielt.

Zu sprechen gibt es viel, sogar eine eigene Prosaszene mit den beiden Helenen, der echten und falschen, soll die dünne Handlung in Gang bringen, die mit der Notlandung des Menelaos, von Karl Paul Oblasser pathetisch gemimt, nur zähe in Gang kommt und mit dem Untergang der Insel Naxos endet. Dabei holt sich der greise Proteus, in Falstaff-Maske halbgöttisch Franz Kalchmair, einen Schnupfen, darf aber im Traum vorher noch jugendlich mit einer dritten Helena dem Ehehafen zusteuern.

Die "schöne" (echte) Helena, glücklos bei Männern, fährt zu Papa Zeus raketengleich in den Himmel, die falsche in der Gestalt des Satyrmädchens Weidenrute kann mit Menelaos endlich nach Sparta ziehen. Zu unterschiedlich sind die beiden auch gefordert: Stephanie Houtzel kann ihren Mezzo schonen und hat beinahe mehr zu sprechen als zu singen, während Donna Ellen als Nymphe Weidenrute in Zerbinetta gleichen Koloraturen mit umwerfender Komödiantik ihre Intrigen auskostet. Beim Opernstreich mitmachen darf noch ein Kammerdiener, den Gottfried Stifter mit markierendem Tenorgesang ausstattet. Alfred Stögmüllers kluge Regie und Kurt Pints stiloffene Ausstattung realisieren das neue Werk so, wie es dieses verdient.