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Die Video- und Installationskünstlerin Dorit Margreiter erhält den diesjährigen Otto-Mauer-Preis.

Den Einfluss unterschiedlicher kultureller Regeln auf unser Alltagsleben verdeutlichen wollen die Videoarbeiten und Installationen der jungen Künstlerin Dorit Margreiter, für die sie heuer den Monsignore Otto Mauer-Preis erhält. Die durch den Prozess der Globalisierung immer engeren Zusammenhänge etwa zwischen amerikanischem und österreichischem Alltag werden in diesen Arbeiten erfahrbar. Die Jury hebt das "besonders präzise Verhältnis von zeitgenössischer Theorie und ästhetischer Form im Werk von Dorit Margreiter" hervor.

Film, Fernsehen, aber auch deren Verhältnis zur Architektur, seien - so Margreiter - ihr Interessengebiet, deren gesamtgesellschaftlichen Kontext versuche sie dann zu deuten. 1993 ist Margreiter in Prag mit "Mein Schlafzimmer in Prag" erstmals an eine größere Öffentlichkeit getreten. Die vom Forum Stadtpark in Prag zur Verfügung gestellte Atelierwohnung wurde zum Ende des Aufenthaltes zum Werk, als nämlich mithilfe einer vor die Schlafzimmertür gespannten Projektionswand und einer im Türrahmen eingebauten Beamer-Station nur der Blick ins Private vorgespiegelt werden sollte. Ist Privates also tatsächlich noch privat, wenn man damit an die Öffentlichkeit tritt? Texte und Zitate machten den Betrachtern das Anliegen deutlich.

Dorit Margreiter ist 1967 in Wien geboren und hat von 1988 bis 1992 an der Universität für angewandte Kunst "Visuelle Kommunikation" bei Ernst Caramelle studiert. 1995/96 erhielt sie ein Stipendium für Fujino/Japan, 1997/98 arbeitete sie am Künstlerhaus Bethanien in Berlin und 2001 war sie "artist in residence" des MAK in Los Angeles.

1999 entstand für eine Ausstellung des Grazer Kunstvereins die Installation "Short Hills", für die Margreiter ihre in Short Hills in der Nähe von New York lebende, aus China stammende Tante und deren Tochter in ihrem Alltags-Fernsehverhalten studierte. Mittels Videodokumentation hielt sie die Lieblingsprogramme der beiden Damen fest und drehte damit gleichzeitig selbst eine Art Soap Opera. Architekturaufnahmen des Häuschens und Zeichnungen des geplanten neuen "Entertainment Rooms" sowie Originalaufnahmen aus den Fernsehserien ergänzten die Installation. Realität und Fiktion, persönliche Geschichten und Fernsehgeschichten überlagern einander.

Dorit Margreiters Mutter ist Chinesin, sie kam zum Klavierstudium nach Wien, der Vater ist selbst Maler und stammt aus Tirol . Das Leben in zwei Kulturen war daher schon vom Elternhaus vorgegeben, auch wenn Margreiter in Österreich aufwuchs. "Die Grenzen, die Übergänge zwischen verschiedenen Kulturen sind verwoben, sind ja fließend", meint Margreiter dazu. Die Entscheidung für eine künstlerische Laufbahn war für sie nicht schwierig durchzusetzen, trotzdem stand am Anfang eine gewisse Unentschlossenheit. Im Rückblick betrachtet Margreiter die Studienzeit als durchaus fruchtbar, was wohl auch an gut ausgewählten Assistenten und anregenden Jahrgangskollegen lag. Mittlerweile gibt sie nicht ungern ihre Erfahrungen in der Form von Lehraufträgen (Wien, Linz, Zürich) an Studierende weiter.

Eine ihrer jüngsten Arbeiten ist der gemeinsam mit einer Soziologin hergestellte Dokumentarfilm über den Versuch, in Las Vegas mithilfe von Kunst, nämlich eines neuen Guggenheim-Museums, eine neue Identität für die Stadt der Spieler herzustellen.

Als in vieler Hinsicht fruchtbar bezeichnet Margreiter ihren Aufenthalt in Los Angeles. Ein Ergebnis ist die Arbeit "Case Study Nr. 22", die auch 2001 im Mittelpunkt der ersten großen Einzelausstellung Margreiters in der Innsbrucker Galerie im Taxispalais stand. Darin bezieht sie sich auf das 1959 von Pierre König erbaute Case Study House Nr. 22, ein zentrales Bauwerk des kalifornischen Nachkriegsmodernismus, das durch ein berühmtes Architekturfoto legendär wurde. "Mich interessiert, wie Menschen in diesem Haus wohnen, wie sehr die äußere Fassade der Architektur, von dem, was dahinter ist, völlig getrennt ist", sagt die Künstlerin. Die Videoinstallation mit drei Monitoren hat Gespräche mit dem Architekten, dem Fotografen und der Besitzerin, die alle heute noch leben, wiedergegeben. Im übrigen wird das Haus heute als Filmkulisse vermietet.

Die junge Künstlerin ist heuer auch beim "steirischen herbst" vertreten: Sie zeigt unter dem Über-Thema "Routes" eine Arbeit über "Women of the Orient". In ihrem Video liest Margreiters chinesische Mutter aus dem Sextourismus-Führer gleichen Namens das Kapitel über Frauen in Hongkong vor, der Stadt, aus der sie selbst stammt. Die stummen Objekte des Buches werden so zu Subjekten.

Um finanziell unabhängig an den eigenen Projekten arbeiten zu können, verfasst die junge Künstlerin Kataloge und Printmedien für verschiedene Museen, denn private Sammler für Videoarbeiten und Installationen sind noch eher selten.

Am 20. November wird Dorit Margreiter von Kardinal Christoph Schönborn der mit 11.000 Euro dotierte Monsignore Otto Mauer-Preis überreicht.

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