"Flug in die Anden" am Linzer Landestheater.
Das 1981 verfasste Stück L'Ordinaire von Michel Vinaver (Deutsch von Jürg Laederach), bei dessen beeindruckender Inszenierung Gerhard Willert auf sein ausgezeichnetes Ensemble bauen konnte, besticht vor allem durch seine Authentizität: Zum einen durch den Plot, den Vinaver einem Flugzeugabsturz von 1972 hoch in den Anden nachempfunden hat; zum anderen durch Ton und Inhalt der Gespräche seiner Figuren aus einer Arbeitswelt, die ihm vertraut ist. Er weiß um die Hierarchien in Unternehmen, um Machtspiele und Intrigen, um "die Banalität in ihrer Hohlform". Am Beispiel seines Stückes zeigt er als kritischer Insider, wie sehr sich das Banale auch in Extremsituationen zu behaupten vermag, auch wenn es nur mehr als Schutzmechanismus figuriert.
Die Führungsgruppe eines Fertighauskonzerns ist an Bord eines Privatjets en route zu Pinochet nach Santiago de Chile. Cécile Feilchenfeldt hat dafür die Bühne in den stilisierten Innenraum einer Flugzeugkabine verwandelt, durch deren "Seitenfenster" die mit Eis gepanzerten Spitzen der Kordilleren starren. An Bord befinden sich elf Personen: Zwei Piloten, vier Frauen, vier Vizepräsidenten und "Bob" Lamb, der Präsident.
Thomas Kasten gibt diesem dominierenden Machtmenschen ein unverwechselbares Profil. Da er sich allmächtig glaubt, missachtet er den Rat des Piloten, wegen drohender Unwetter umzukehren. Man macht Pläne für die Erschließung neuer Märkte, übt sich in Smalltalk, als das Unwetter tatsächlich ausbricht und der Jet beim Absturz auseinanderbricht. Die Kabine bleibt intakt, doch Vize Joe, Vater der lebensfrohen Nan (Barbara Novotny), und der Pilot, wenig später auch der Copilot, sind tot. Aus dem Kofferradio hören die Übrigen, dass man die Suche nach ihnen eingestellt hat.
Der Kampf gegen Kälte und Hunger nimmt verzweifelte Formen an, bis Sue (ruhig und entschlossen: Nicole Reitzenstein) Fleischstücke von draußen bringt. Der Lebenswille ist stärker als alle Skrupel. Doch immer noch faseln die Männer von Profit und Personalrochaden. Plötzlich bricht Bob zusammen. Exitus. Eine tödliche Lawine verschärft die Situation. Am Ende überleben nur Sue und Ed (Lutz Zeidler), die der Kabine den Rücken kehren.
