Checkliste für Psychopathen

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Sie sind skrupellos und ohne jedes Mitgefühl. Ihre Persönlichkeiten zeichnen sich durch egozentrisches, selbstherrliches Verhalten aus. Sie demütigen, verletzen und töten. Ohne Emotionen, aber mit vollem Bewusstsein: Psychopathen. Nicht wenige leben in unserer Gesellschaft, schreibt Robert D. Hare, kanadischer Psychologe und Psychopathen-Experte, in seinem, 1993 in den USA erstmals erschienenen Buch "Gewissenlos. Die Psychopathen unter uns“.

Gut ein Prozent der Menschen sind Psychopathen

Die Hannibal Lectors, Dr. Jekylls und Mr. Hydes sind unter uns. Und zwar nicht als einsame skurrile Wesen, wie wir sie aus der Literatur oder dem Kino kennen, sondern als scheinbar ganz normale Menschen, denen wir gelegentlich begegnen. Sie empfinden keine Reue für ihre Taten, "denn Psychopathen haben eine angeborene genetische Unterfunktion für emotionales Handeln“. Sie sind nicht therapierbar, sie sind und bleiben Täter. Etwa ein Prozent der Menschen sind Psychopathen, schreibt Hare. Offizielle Studien gibt es für diese Annahme nicht - die Zahlen sind Schätzungen des 1931 geborenen Autors, der seit über 30 Jahren in Kanada zu dem Thema forscht. Hare hat mit seinen Mitarbeitern ein Verfahren entwickelt, um Psychopathie zu diagnostizieren - die sogenannte "Hare Psychopathy Checklist-Revised“. Diese Psychopathen-Checkliste wurde vor knapp einem Viertel Jahrhundert vorgestellt und inzwischen immer wieder verbessert. Sie unterscheidet zwei Dimensionen von Psychopathie: Die emotional beziehungsweise zwischenmenschliche Ebene zum einen und zum anderen abweichendes Sozialverhalten. Mögliche Charakteristika in der zwischenmenschlichen Ebene sind laut Hare unter anderem: Hinterlistigkeit, Manipulativität und der Mangel an Reue und Schuldbewusstsein. Impulsivität, Erregungssucht, Verantwortungslosigkeit gehören in die Kategorie des abweichenden Sozialverhaltens. Mithilfe von halbstrukturierten Interviews, der jeweiligen Fallgeschichte und Archivmaterial werden diese Items von qualifizierten Anwendern bewertet und mit einer 3-Punkte-Skala benotet. Der Summenscore kann zwischen 0 und 40 liegen. Etwa 15 bis 20 Prozent aller wegen eines Verbrechens verurteilten Menschen erreichen einen Punktestand von mindestens 30. Hare betont, dass die Checkliste ein komplexes klinisches Werkzeug ist und deswegen sollte man nicht versuchen sich selbst und andere zu diagnostizieren. Mit diesem Buch hat er präzise Erkenntnisse und fesselnde Fallbeispiele verwoben und für eine breite Öffentlichkeit eine leicht verständliche Abhandlung zum Thema Psychopathie geschaffen.

Gewissenlos. Die Psychopathen unter uns

Von Dr. Robert D. Hare, Springer Verlag Wien 2005

207 Seiten, geb., e 36,95

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