Das "Spiegel“-Bild der Medien

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Erst veräußert der Axel Springer Verlag einige seiner traditionsreichsten Zeitungen und Magazine. Dann kauft Amazon-Gründer Jeff Bezos die Washington Post. Also erklärt der Spiegel im Sommerloch das Zeitungssiechtum, spart jedoch den Magazinaspekt aus. Reportage und Analyse statt Hohn oder Mitleid: Die Medienkrise bedient auch ohne Turbo die Rivalität von Springer und Spiegel.

Umso überraschender gerät das "Sturmgeschütz der Demokratie“ wieder selbst zum Lieblingsobjekt kollegialer Berichterstattung - ausgerechnet durch Personalzuwachs vom publizistischen Erzfeind. Denn der von der Deutschen Presse-Agentur kommende künftige Spiegel-Chefredakteur Wolfgang Büchner holt als Stellvertreter Nikolaus Blome von Springers Boulevardblatt Bild.

Nun stemmen sich alle Ressortleiter gegen den Wunsch des neuen Chefs, die medialen Mitbewerber reiben sich endlich wieder am Lieblingsduell der Branche, die Krise des Journalismus hat Nachrang in den einschlägigen Schlagzeilen - und das Publikum wundert sich zurecht: So schlecht kann es einem Berufsstand nicht gehen, der personelle Interna ähnlich stark thematisiert wie seine Existenzfrage.

Der Fall Blome wirkt erst sinnstiftend, wenn dieses Beispiel eines Wechsels von Bild zu Spiegel die Grundsatzdebatte über handwerkliche Güte im Journalismus belebt. Die übliche Verdammung des Boulevards samt Eigenlob der Qualität greift viel zu kurz. Das gilt für Deutschland wie Österreich - wenngleich hier die Krone so wenig Bild ist wie das profil nicht an den Spiegel heranreicht. Erst unter dieser Voraussetzung wird die Diskussion hilfreich für Mediennutzer. Reflexartiges Prügeln von Boulevard und Gratis erklärt keinen Mehrwert journalistischer Informationsaufbereitung. Bemühte Qualitätshüter tappen immer wieder in die Falle der bloßen Nabelschau.

Der Autor ist Medienberater und Politikanalyst

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