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Große Stunde - Übertragung der Debatte aus dem Parlament. Da freut sich der Feinschmecker, denn es sind Reden, Stellungnahmen und Zwischenrufe unserer Abgeordneten zu erwarten, also der Crème der Nation - von uns gewählt und bezahlt. Ich kenne Debatten im Deutschen Bundestag, in der Assemblée Nationale und im englischen Unterhaus und will vergleichen. Auch anderswo haben die Sitten den Weg des Verfalls angetreten. Helmuth Schmidt, Willy Brandt: die Plädoyers sind Geschichte, genau so wie Stellungsnahmen Genschers, Scheels oder Helmut Kohls. Auch bei uns sind die Reden eines Kreisky, eines Zeilinger, Gorbach oder gar Busek - Vergangenheit! Heute? Da wird abgelesen, gestottert und gerülpst, dass man aufatmet, wenn der grüne Professor oder gar der rote Gusi ans Pult treten. Andreas Tirol ist erbaulich und Strassers "gemach, gemach" lässt mich befreit lachen. Aber sonst - grobe Klötze und ungezogene Fratzen toben sich dort für mein Geld aus. Sowas gehört eher in die Sandkiste als ins Parlament. Volksvertreter? So teppert und ungelenk sind wir? Jedenfalls machen uns die Herren Vertreter das glauben. Die Frauenriege ist bis auf das Maschinengewehr des Karawankenhumoristen leichter erträglich; was aber bitte nicht als Lob aufzufassen ist. Und dann reden die vorne sitzenden Hinterbänkler von Kollektivschuld und dergleichen. Kollektivschuld - nein, die gibt es nicht. Weder für die Deutschen, deren Führung auch den Zweiten Weltkrieg angezettelt hat, noch für das Volk von Russland, Ex-Jugoslawien, Palästina oder Israel. Kollektivschuld ist Blödsinn und gegen jede Vernunft. Dass das aber auch für die Völker in Tschechien, der Slowakei und Slowenien gilt, scheint in gewisse Beton-, nein, eher Gipsköpfe nicht hineinzugehen. Wenn Recht Recht sein soll, dann darf es nicht gebogen werden, zurecht-gebogen schon gar nicht. Und nun geht der Mai schon bald zu Ende, die Sommerzeit ist längst auf die Uhr gebracht, und ich hoffe, dass mit dem aufbrechenden Wonnemonat auch wieder der Mut zur Vernunft erblüht. Zeit wärs.

Nach dem Nahen Osten bitte keine Diplomaten schicken, eher Psychiater. Und in die Vertretung des Volkes bitte der Sprache mächtige und den Sitten ergebene Leute. Teppen gibt es ja außerhalb des Hohen Hauses genug.

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