Der Populist von Telf

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Da sitzt er nun fest, der nackte Hajott, im Schrank einer stinknormalen Familie, gebunden an die Nabelschnur ihrer Wunschvorstellungen. Der von Mama angehimmelte Parteiobmann H. J. (Markus Völlenklee), genannt Hajott, der "Unheimliche Geliebte" in der gleichnamigen Farce von Lorenz Gutmann und Veronika Eberl ist die Projektion all ihrer privaten und politischen Sehnsüchte - einer, der sich was zu sagen traut; ein Abgott im Wohnzimmerhimmel, dem sogar Papa (Alfred Kleinheinz) nicht widerstehen kann. Die Farce von der Manipulierbarkeit der netten Leute von nebenan durch eine populistische Verführungsfigur (deren Identität der Zuseher ohne Schwierigkeiten errät!) - einen Mann, der sich seinerseits in den Erwartungen seiner Fans gefangen sieht - kann beginnen.

Bei den Volksschauspielen Telfs zieht sich unter der Regie von Markus Völlenklee die Handlung des Stückes durch die gute Stube wie eine Wäscheleine, an der slapstickartige Szenen, surreale Effekte, raffinierte Kabaretteinlagen und ein Großaufgebot an Pointen aufgehängt werden. Mama sieht sich bereits als liebende Parteichef-Sekretärin; Ariane Pestalozzi frönt perfekt ihren erotischen Phantasien. Papa läßt sich anstandslos ausrangieren, darf aber seinen Träumen als Politfigur nachhängen, Hajott ist emsig dabei, alle "real existierenden Probleme umzuwerten" - und nur das Kind durchschaut in seiner Natürlichkeit und Unbeeinflußbarkeit den ganzen schmutzigen Zauber. Katrin Grillcool sorgt für ein befriedigendes Aus der politisch-erotischen, machtgeilen Bestrebungen aller Mitwirkenden, die auf der Bühne von Karl-Heinz Steck als schrill gezeichnete Typen erfreulich dicht funktionieren. Ein wichtiges, aktuelles Stück, wenn auch nicht jeder Witz voll zündet. (Bis 30. August, Karten unter 05262/6961-108) Bis 30. August

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