Der Zauber Afrikas

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Der "Circus Ethiopia" gastierte leider nur kurze Zeit in Wien.

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Der "Circus Ethiopia" gastierte leider nur kurze Zeit in Wien.

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Der "Circus Ethiopia" verzaubert. Eine Gruppe ehemaliger äthiopischer Straßenkinder bietet fast zwei Stunden ohne Pause eine Show, bei der einem der Mund offen steht. Mit zähnebleckendem Lächeln, wippenden Hüften, unglaublicher Energie und humorvollen Slapstickeinlagen springen einander die Artisten aus dem Stand auf die Schultern, bauen sich zu meterhohen Menschengebilden auf und vollführen die schwierigsten Verrenkungen mit glaubwürdiger Leichtigkeit, Freude und Natürlichkeit. Effektvoll begleitet von afrikanischer Lifemusik weht die Vitalität eines jungen Kontinents durch die "Szene Wien".

Bis an die Decke reicht der Kleinste, der strahlend die kunstvollen Menschenformationen krönt. Dieser Zirkus kommt ohne Netz, ohne marktschreierische Ansage des Direktors, ohne Tiere, Glanz, Glamour und Clowns aus. Trotzdem erreicht er das, was Zirkus ausmacht: Staunen wie ein Kind. Die Gruppe erzählt mit akrobatischen Mitteln Geschichten aus dem Slum, ein kleiner Junge übernimmt neben körperlichen Glanzleistungen die Rolle des Komödianten. "Mein Leben war ein Kampf ohne Ende, es gab nie genug Schuhe zu putzen. Heute weiß ich, daß ich etwas ändern kann. Ich kann auch anderen Kindern den Weg in eine bessere Zukunft zeigen," sagt Hassan, einst Straßenkind in Addis Abeba, heute ein führender Akrobat der Truppe.

Schade, daß für die jüngsten Künstler nun die Schule beginnt und sie vorläufig nicht mehr auftreten. Die nächste Europa-Tournee sollte man aber keinesfalls versäumen. In einer techniküberfluteten Zeit verzaubert der "Circus Ethiopia" eindrücklich mit etwas, das in unseren Breiten selten wird: mit dem Menschen als Gesamtkunstwerk - an den Grenzen seiner Dehnbarkeit, aufgefangen vom Vertrauen in ein wunderbares Ensemble, das ihn besser hält als jedes Netz.

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