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Österreichische Erstaufführung von Torsten Buchsteiners Terror-Stück "Nordost" in Graz.

Eine jede von ihnen hat ihre ganz persönliche Geschichte. Sie sitzen an kleinen Verhörtischen mit Mikros und reden von den Tagen im Oktober 2002. 42 Tschetschenen stürmten damals die Musicalvorstellung Nordost im Theater an der Dubrowka und nahmen 850 Menschen als Geiseln fest. 170 sind am russischen Giftgaseinsatz gestorben. Die drei Frauen erzählen, als würden wir ihren Berichten, wenn es sein muss, auch bis weit nach Mitternacht folgen.

Drei Frauen erzählen

Um ein Urteil fällen zu können? Was erwarten sie sich? Die junge Zura, die sich den "Schwarzen Witwen" als Terrorkämpferin anschloss: Allah gibt ihr ein stichhaltiges Alibi; vom Paradies, das ihr verheißen wird, hat sie kein Bild. Sophie Hottinger legt überzeugend mit klammernder Körpersprache Zuras chronische Unsicherheit und infiltrierte Aggression bloß. Olga (Frederike von Stechow), die mit Mann und Tochter unter den Zuschauern ist: In einer Hauptstadt lebt man sicher, sagt sie, denn das wirklich Schlimme passiert nur dort, nicht hier. Sie wird ihren Mann beim Giftgasanschlag verlieren. Und Tamara, die lettische Ärztin, die man ruft, als die Katastrophe im Theater ihren Lauf nimmt. Auch sie hat ihren Mann im Kampf um die Unabhängigkeit Tschetscheniens verloren. Martina Stilp spielt eine ideologisch autarke Tamara, die als einzige von den drei Frauen kräftig genug ist, sich ohne Wenn und Aber durchs Leben zu schlagen.

Dem Drama gelingt es, das Thema "Terror" wie eine Fallstudie, die von den destillierten Emotionen der drei Frauen gespeist wird, aufzuschlüsseln. Gustav Ruebs Regie führt den hoch komplexen Theaterstoff entlang komprimierter Monologschienen, die sich kreuzen, die parallel laufen und wieder auseinander führen und sich über weite Strecken in einem "erstillten" Zuschauerraum verlieren. Das Urteil kann nur lauten: Fassungslosigkeit. Nur Torsten Buchsteiner, der unter den Premierengästen saß, amüsierte sich immer wieder königlich. Weiß man warum?

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