Die Lichtzeichen sind erloschen

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Georg Büchners "Dantons Tod" in Innsbruck.

Regisseur Michael Gampe hat am Tiroler Landestheater "Dantons Tod" zur Kenntlichkeit reduziert. Befreit von Theaterdonner und Statistenaufmärschen, von Pathos und Posen konzentriert sich die textlich sorgfältig gekürzte Aufführung auf die poetische Radikalität von Büchners Sprache, auf die Figuren und ihre Bedingungen. Dass Raum und nicht Überladung die gedankliche Mitarbeit anspornen, beweist auch das übrige Leading-Team. Karl-Heinz Stecks Bühnenbild unterscheidet ohne große Umbauten zwischen Innen- und Außenräumen, die hohen roten Mauern neigen sich bedrohlich nach innen. Andrea Bernd mischte die Kostüme vom Straßenanzug bis zum historischen Gewand, und Hansjörg Sofka arbeitete sparsam mit unterschwelligen Geräuschen.

Die große Form, die Büchners Drama vom Niedergang der Französischen Revolution verlangt, wird dennoch ausgefüllt. Zwischen politischem Spot und Traumschatten formiert Gampe eindrucksvolle Bilder, aber mit so viel Freiraum, dass die Assoziationen uns durch die Revolutionen der Zeiten hindurch erschreckend nah erreichen. Sie sprechen von Utopielosigkeit und Lähmung, politischem Versagen und ideologischem Niedergang, von Gewalt und Willkür. Dem Volk gehört Gampes Pessimismus, er zeigt zerstörte, wankelmütige, auf ihre Grundbedürfnisse reduzierte Individuen ohne Kraft zur Veränderung. Die Lichtzeichen von Freiheit und Menschlichkeit sind erloschen. Längst frisst die Revolution ihre Kinder. Ihre letzten Stunden erleben die politischen Häftlinge nackt vor den elektrisch geladenen Gitterstäben, die sie später töten.

In dieser eindrucksvollen Inszenierung findet Klaus Rohrmoser differenzierte Töne für den Danton. Ein blendend aussehender Mann, dem der realistische, auch sich selbst hellwach bespiegelnde Blick, der Mut zur Grenzziehung und das Grauen vor dem eigenen Tun die Handlungsfähigkeit raubt und dessen Sinnlichkeit die Todessehnsucht nicht mehr verdrängen kann. Der Robespierre des Gerhard Kasal hingegen, der mit Danton nur noch die grenzenlose Einsamkeit gemeinsam hat, bringt in seinem bis in die Körperlichkeit versteiften Fanatismus nicht ganz die Durchschlagskraft des Widerparts auf. Eine große Szene hat Günter Gräfenberg als Thomas Payne. Ursula Strohal

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