Durch einander sprechen

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Es gibt eine neue Übersetzung des ersten Buches der Bibel, der Genesis. Sie stammt von Gerhard Begrich, dem ehemaligen Rektor des evangelischen Pastoralkollegs der Kirchenprovinz Sachsen. Im Vers 24 des zweiten Kapitels lese ich einen altbekannten Satz -ganz neu: "Darum wird ein Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen und seiner Frau fest verbunden sein, und sie werden sein ein Fleisch und ein Gespräch."(Gen 2,24)

Meine Hebräischkenntnisse reichen nicht aus, um erklären zu können, warum der Übersetzer das Jahrhunderte lang daher-und ausgeleierte "eine Fleisch" durch das "Gespräch" ergänzt und auf Zukunft geöffnet hat. Aber ich vertraue darauf: er wird seine guten Gründe haben. Und ich weiß: So stimmt das, so ist es gemeint. Und zwar weit über die konventionelle Lebensform der heterosexuellen Einehe hinaus: Frauen und Männer und andere Geschlechter werden ein Gespräch: irritierend und fruchtbar. Postdualistisch. Jetzt. Im Jahr 2014 und darüber hinaus.

Dies ist meine siebenundsiebzigste und letzte Kolumne für die FURCHE. Im Jänner 2009 bin ich angetreten als -immer noch -einzige Frau im "interreligiösen Quartett". Ein Gespräch sollten wir führen, von Furche zu Furche, über die Grenzen der Traditionen hinweg, einander befragend, aufeinander hörend. Ist es gelungen?

Es hat mir Freude gemacht, für die FURCHE Kolumnen zu schreiben: siebenundsiebzig kleine Texte, die gern ins Gespräch gekommen wären. Einige warten bis heute auf Antwort. Aber das Gespräch geht ja weiter, hier und anderswo, wird offener, wagemutiger im globalen Durcheinander. Vielleicht treffen wir uns online wieder? Im weltweiten Netz? Dort, wo es leichter ist, fraglich zu sprechen, suchend, antwortlich, durch einander immer neu der eigensinnigen Ruach auf der Spur: Durch ein ANDER.

Die Autorin ist Schriftstellerin und evangelische Theologin in der Schweiz

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