Ein Fest für Thomas Bernhard

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Es war ein erfolgreiches Festival, das Ende September in dem kleinen Ort Goldegg im Salzburger Land dem Andenken von Thomas Bernhard gewidmet war. Für "Verstörungen“ sorgten bei ihren Lesungen nicht nur prominente Schauspieler wie Ben Becker oder Nicholas Ofczarek, sondern auch der vor mehr als zwei Jahrzehnten verstorbene Dichter selbst. Hatte er doch den idyllischen Ort als "Brutstätte für Schwachsinn, Unzucht und Größenwahnsinn“ beschrieben und dessen Bewohner als "im Rausch erzeugte kleinwüchsige und verkrüppelte Kriminelle“. Damals hatte der Bürgermeister offiziell gegen die Verleihung des Staatspreises an Bernhard protestiert.

Becker brachte es auf den Punkt. "Er hat überzogen, deshalb kann ich über ihn lachen. Trotzdem sind die Verletzungen tief, ehrlich und ernst gemeint.“ Und Ofczarek fügte hinzu: "Er hat seine Heimat geliebt, denn nur ein Liebender kann so hassen.“ Tatsächlich litt Bernhard an den Krankheiten seines Landes, an selbstzufriedenen korrupten Politikern und nationalsozialistisch denkenden Gewaltmenschen. Alle seine Übertreibungen wurden von der Wirklichkeit eingeholt.

Als Bernhard bei der Staatspreisverleihung seine Rede mit den Worten "Wir brauchen uns nicht zu schämen, aber wir sind auch nichts und wir verdienen nichts als das Chaos“ geendet hatte, sprang der schwarze Unterrichtsminister auf und rief: "Wir haben Sie nicht gerufen. Wir sind trotzdem stolze Österreicher!“

Das Image unserer Politiker ist heute beschädigt, kriminelle Handlungen gehören bald zum Berufsbild. Wir leben und erleben tagtäglich die Bernhard’schen Übertreibungen. Was uns schmerzlich fehlt, ist sein Humor, der sein apokalyptisches Denken durchzieht. Noch befinden wir uns ja in einer Komödie. Allerdings werden die Abgründe, die unsere Bühne umgeben, immer größer.

* Der Autor ist Kulturmoderator beim Privatsender ATV

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