Ein irakisches Idyll

Den Schrecken und das graue Einerlei von vier Kriegsjahren schrieb sich Agatha Christie von der Seele, als sie 1943/44 in London ihre längst begonnene "Erinnerung an glückliche Tage" fertigschrieb. Die ungekrönte Königin der Krimi-Literatur hatte mit 40 Jahren den 26jährigen Archäologen Max Mallowan geheiratet, ihn auf seinen Expeditionen begleitet und war mit ihm sehr glücklich geworden: "Heiraten Sie nur einen Archäologen. Je älter Sie werden, desto interessanter findet er Sie." Auch eines ihrer berühmtesten Bücher, "Mord im Orient-Expreß", beruht auf den Reiseerlebnissen an Maxens Seite.

Hier ist sie ganz und ganz und gar Archäologengattin. Der Krimiautorin begegnen wir nur am Rande, etwa wenn ein Expeditionsmitglied neben ihr Funde ordnen und ein bißchen Ansprache haben möchte, während sie sich mit den blutigen Einzelheiten eines Mordes abmüht. Es handelt sich um ein gänzlich unspektakuläres Buch, weshalb Agatha Christie den Leser warnt: Sie vermittle "keine aufregenden Einsichten in die Archäologie, es fehlen auch wunderschöne Landschaftsbeschreibungen, die Lösung der ökonomischen Probleme, der Rassenfrage sowie ein historischer Abriß. Genau besehen ist es ein Leichtgewicht ..." Ja, aber ein sympathisches, voll alltäglicher Beobachtungen, die die Liebe der Krimiautorin zum Detail verraten, und nicht zuletzt eines, das eine Fülle von Einzelheiten aus dem Alltag jener Archäologen überliefert, die in den dreißiger Jahren unter einfachen, aber politisch geradezu idyllischen Bedingungen etwa dort tätig waren, wo heute nicht nach antiken Scherben, sondern nach Saddam Husseins Giftgasvorräten gesucht wird. Vor allem ist es ein Buch für Agatha-Christie-Leser, die eine Menge über die erfolgreichste Schriftstellerin aller Zeiten erfahren. H. B.