Ein Spiel mit den Klischees des Terrors

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Im ihrem Drama "demut vor deinen taten baby“ lässt Laura Naumannn ihr ungleiches Protagonistinnen-Trio eine absurde Terror-Gruppe bilden. Die Burgtheater-Inszenierung von Alexander Ratter wirkt jedoch etwas mutlos.

Es gibt nur wenig gute Gegenwartsstücke“, sagt Burg-Chef Matthias Hartmann. Das Stück "demut vor deinen taten baby“ der 23-jährigen Leipzigerin Laura Naumann dürfte Hartmann aber überzeugt haben, feierte es doch am Samstag seine österreichische Erstaufführung im Burgtheater-Vestibül.

Die junge Dramatikerin mischt in ihrem Girlie-Stück Bekanntes zusammen und durcheinander: ein bisschen Realismus und Groteske, ein bisschen Politik und Unterhaltung, da Krimi-Elemente, dort philosophischer Diskurs, sprachlich viel Binnendeutsch, ein wenig Wienerisch und zwischendurch Englisch.

Spiel mit Terror-Stereotypen

Naumanns Hauptthema ist das Spiel mit Terror-Bildern, Terrorismus-Klischees und dem, was Amerika seit 9/11 medial inszeniert. "Manchmal played einem das Schicksal übel, doch dann geht doch alles gut aus“, lautet der Leitspruch (der Satz kippt später ins Gegenteil) der drei Protagonistinnen, die irgendwo zwischen "Thelma und Louise“, dem Schlagersängerinnen-Trio Jacob-Sisters, Pussy Riot oder Dagobert Ducks Neffen Tick, Trick und Track angesiedelt sind. Und wären sie vier, dann könnte man auch noch "Sex and the City“ dazu verwurschten.

Vom Typ sind sie auf recht unterschiedliche Weise attraktiv, sodass für alle etwas dabei zu sein scheint: Die toughe Lore (Jana Horst), eigentlich Hannelore, hat massive Aggressionen gegen den christlichen Fanatismus ihrer Mutter und träumt von brennenden Kirchen. Nach einer Reise in den Osten kehrt sie perspektivenlos, aber voller Wut zurück. Das braune Haar streng zusammengebunden, repräsentiert sie den Domina-Typus. Die rothaarige Mia (Stefanie Dvorak) hingegen wird als verträumtes, burschikoses Mädchen ins Spiel geworfen: Sie lebt in ihren Fantasien, in welchen sie mit Pferden spricht, mit Barfrauen schäkert und bisweilen an Pippi Langstrumpf erinnert. Ganz wienerisch ist Mia das Lausmensch unter den Mädchen. Fehlt nur noch das appetitliche Blondinchen: Bettie (Liliane Amuat) ist die pralle Verständnisvolle (oder vielmehr katastrophal Naive), die in jedem Nachtklub über einen Ex-Lover verfügt und die frauenverachtenden, rassistischen Pornos ihres Freundes toleriert.

Auf der Damentoilette des Flughafens lernen die drei einander kennen, als ein einsamer Koffer für eine Bombe gehalten wird und Terror-Alarm auslöst. Das - übrigens keineswegs traumatisierende - Erlebnis verbindet die drei ab nun, immer wieder spielen sie die Durchsagen der Flughafenpersonals nach: Handelt es sich um einen islamistischen Terroristen? Um einen studentischen? Oder um einen amerikanischen? Doch einen amerikanischen gibt’s doch gar nicht!, lautet die Pointe.

Mit geschärftem Bewusstsein für das Leben entwickeln die Mädels selbst eine Terrorismus-Performance, die sie schlagartig zu berühmten politischen Aufrührerinnen macht, doch bald in die Hände undurchsichtiger Machthaber treibt. Terrorismus ist längst kapitalistisch vermarktet. Am Ende gibt es einen wilden Showdown: Als deutsche Fußballstars verkleidet, erschießen sie einander der Reihe nach selbst und landen als drei Engel ("für Charlie“?) mit einem Halleluja im Himmel.

Laura Naumann experimentiert witzig mit Versatzstücken, so richtig etwas zu erzählen, hat sie nicht. Kühl kalkulierend bleibt sie stets in ironischer Distanz zum Geschehen, nicht zuletzt auch indem die Figuren ihr Handeln ansagen, über sich in der dritten Person sprechen.

Hohler Aktions-Aktionismus

Etwas mutlos zeigt sich diese erste Inszenierung des 26-jährigen Alexander Ratter. Nomen est omen: Der junge Regisseur lässt die drei spielfreudigen Schauspielerinnen durch 60 Minuten buchstäblich rattern, hetzen und brüllen. Hier herrscht guter, aber hohler Aktions-Aktionismus.

In zwei Monaten präsentiert die 30-jährige Tirolerin Petra Maria Kraxner ihr neuestes Stück im Vestibül. Auch sie ist für Experimentierfreude und gute Dialoge bekannt. Auf ihre Erzählkraft darf man gespannt sein.

Weitere Termine

20., 25. Jänner, 6., 8., 9. Februar

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