Eine Giraffe geht nach Paris

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Michael Allin erzählt die wahre Geschichte der Giraffe Zarafa, die die Franzosen bezauberte.

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Michael Allin erzählt die wahre Geschichte der Giraffe Zarafa, die die Franzosen bezauberte.

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Anno 1825 schenkte Mehmet Ali, der Regent Ägyptens, dem französischen König Karl X. eine Giraffe. Der Drehbuchautor und Dokumentarfilmer Michael Allin folgte ihr auf der langen und beschwerlichen Reise aus dem tiefsten Afrika nach Paris. Seine Hommage an die berühmteste Giraffe Frankreichs ist zugleich eine kleine Lektion in Geschichte und Geographie. Nicht nur die Reise Zarafas, auch die Umstände, wie es zu dieser Schenkung kam, werden ausführlich erklärt. Die Personen, die Zarafa betreuten, werden liebevoll beschrieben. Auch um eine ausschweifende Darstellung von Napoleons Expeditionen durch Ägypten kommt der Autor nicht herum.

Die ausführliche Erzählung zeugt von der intensiven Auseinandersetzung Michael Allins mit seiner Geschichte. Für das Schicksal der Giraffe interessierte er sich schon lange. Kulturhistorisch am interessantesten war wohl der letzte Abschnitt der Reise nach der Ankunft im Hafen von Marseille. Da noch keine Eisenbahnverbindung bestand, beschlossen die Verantwortlichen, die Strecke nach Paris mit dem Tier zu Fuß zurückzulegen. Nach mehr als eineinhalb Jahren, die die Reise bis Frankreich gedauert hatte, war Zarafa noch kräftig genug für diesen Gewaltmarsch. Die exotische Erscheinung versetzte ganz Frankreich in Aufregung. Der Einfluß des seltenen Tieres setzte sich auch in der Mode durch. Das gefleckte Muster ihres Fells war bald der letzte Schrei auf Kleidern und Accessoires.

In den zeitgenössischen Zeitungsberichten fand der Autor eine Fülle von Informationen und Schilderungen, ebenso aber auch in dem für die gelehrte Welt des frühen 19. Jahrhunderts bestimmten Bericht des Wissenschaftlers Geoffroy Saint-Hillaires, der den Fußmarsch von Marseille nach Paris begleitete.

Der Autor erzählt locker, mit viel Einfühlungsvermögen. Das Buch liest sich angenehm und enthält manch Wissenswertes über die Gesellschaft der Zeit. Die Reise der Giraffe bietet genug Gelegenheit zum Schmunzeln. Auch der Wissensstand vor Darwin wird behandelt. Lamarck führte ja den langen Hals der Giraffe auf die Notwendigkeit zurück, ihr Futter, die Blätter der Bäume, zu erreichen und benützte ihn als Argument für die Veränderlichkeit der Arten.

Die Schicksale derer, die mit der Giraffe zu tun hatten, werden ebenso liebevoll beschrieben wie ihr Wesen. Die Wirkung der Exotin auf die Franzosen war stark. Erzählt wird eher einfach und mit einem etwas ermüdenden Anlauf, bis man doch noch zur Geschichte der Giraffe kommt. Die Kurzbiographien aller Beteiligten wären entbehrlich, auch versucht sich der Autor nicht gerade besonders überzeugend als Hobbypsychologe. Das erstaunliche Schicksal des Tieres, das die Herzen der Menschen im Sturm eroberte, hätte dafür ruhig noch ausführlicher geschildert werden können.

Zarafa. Von Michael Allin Diana Verlag, München 1999, 238 Seiten, geb., öS 248 / E 18,02

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