Ferne Nachbarn, neue Nähe

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Eine Ausstellung im Wiener Künstlerhaus richtet den Blick auf Bratislava.

In kaum einer Stunde wäre man von Wien aus in Bratislava, wäre da nicht die Grenze. Die Diskrepanz zwischen geografischer Nähe und Austausch mit der Donaumetropole könnte kaum größer sein. Das Wiener Künstlerhaus leistet nun grenzsprengende Pionierarbeit: die Schau "Stadt in Sicht" weitet ihr Territorium auf den öffentlichen und medialen Raum aus. Die poetische, schwarz-weiße Fotoarbeit "Nov´y Svet/ Neue Welt" von Ján ÇSicko & Bernd Preiml dominiert den Platz vorm Haus, weist auf die Passagegalerie und den abgetreppten Freiraum darunter. Die Architekten AllesWirdGut schufen hier eine trichterförmige Kommunikationszone mit Video-Screen: "Cafe Bratislava" heißt das neue temporäre Forum für pulsierendes Leben. Täglich werden um 20 Uhr Life-Bilder aus Bratislava übertragen, es gibt gemischtes Programm aus DJ-Lines mit Sounds aus beiden Städten, Life-Konzerten, Diskussionen.

Mit rotem Teppich, zwei entgegengesetzten Pfeilen und der Aufschrift "Exit" inszenierte Milan Mikula den Treppenaufgang zur Ausstellung: eine widersprüchliche Doppelbotschaft, die das Verhältnis Wien-Bratislava auf den Punkt bringt. Erik Binder füllte einen Raum mit wirr in der Luft hängenden Ste- ckern und Kabeln: potentielle Anschlüsse, die sinnlos ins Leere laufen. Pavlina Fichta ÇCierna dokumentiert im Video die Lebenswelt eines alten Mannes im kargen Einfamilienhaus.

Lustvoll persiflieren die Schürzen-Designs "House work" von Gabika Binderovà weibliche Rollenbilder. Zum überdimensional beängstigenden Phänomen wird ein Ringelspiel in der kreisenden Projektion "Viewpoint" von Dusàn Zahoransk´y. Seine guckkastenartige Hängung "Moments from a journey" bringt Zeit und Raum in die Fotografie. Eine Sparte, die mit Lucia Nimcová, Martin Kollár, Ján Sicko & Bernd Preiml überzeugend vertreten ist.

Globalisierung, Souvenirindustrie, Vereinnahmung und Mutation von Architekturikonen in billige Wegwerfprodukte setzt Marko BlaÇzo in feinsinnig-zarte Skulpturen um. Die Installation "Architecture d'aujourdhui" wird zum eigenwilligen Minimundus. Eine zeitgenössische Variante zum klassischen Frau- enporträt fand Dorota Sadovskà. Die Namen der Städte Bratislava, Wien, San Franzisko, Bruxelles bilden am Boden ein Viereck, darüber hängen schräg knapp unter Augenhöhe kleine Ölbilder von Stadtbewohnerinnen. Schwarzer Hintergrund erinnert an alte Meister, Frauenköpfe mit gereckten Hälsen eröffnen völlig neue Perspektiven. Verstörend sind "Les autres" von MíloÇs Koptàk & Bernd Preiml: Mutanten mit spitzengezierten Dekolletés. Übergröße, Projektion, Erotik, Idealismus: "Lenin und das Mädchen" von Magda Tòthová bewältigt subtil Vergangenheit. Die 20 hier gezeigten jungen Künstler beweisen, dass die Grenzziehung zwischen Ost und Westkunst obsolet wurde.

Zu "Begegnungen auf höchster Ebene" kommt es im Juli zwischen Donauturm und Fernsehturm in Bratislava. Marko BlaÇzo, Erik Binder, Aneta Mona Chisa, Pavlina Fichta Cierna, Richard Fanjor, Denisa Lehocka und Boris OndreiÇcka machen für Wien Konzepte, Bratislava wird von Roland Kollnitz, Katarina Matiasek, Christopf Raitmayr, Fiona Rukschcio, APO.K und Sébastian de Garay bespielt.

Stadt in Sicht.

Neue Kunst aus Bratislava

Künstlerhaus, Karlsplatz 5, 1010 Wien. Bis 27. Juli täglich 10-18 Uhr.

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