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Vom Mut verlassen

Bitter, wenn ein Film über eine menschliche Marionette, die sich von ihren Fäden zu befreien sucht, ständig zaudert, diesen Weg selbst zu beschreiten. Für den Actionthriller „Salt“ spräche nämlich einiges, nicht nur aktuelle Bezüge: Ein mutmaßlicher Überläufer stellt sich der CIA. Seelenruhig erzählt er der Frau (Angelina Jolie), die ihn verhören will, dass er ihr sowjetischer Ausbilder war, sie ein Schläferagent ist und in Kürze den russischen Präsidenten ermorden wird. Sekunden später ist Evelyn Salt Zielperson der eigenen Gegenspionage, flüchtig und ein Spiel um Freund oder Feind eröffnet. Trotz voraussehbarem Hin und Her hält Genre-Veteran Phillip Noyce die Sympathien lange unzugeordnet. Mehrmals zeigt er sein dramatisches Können, die Action wiederum manch physische Frische gegenüber der zum Standard gewordenen Effektmegalomanie. So vorhanden die Ansätze, so schnell verlässt „Salt“ auch stets der Mut dazu. Dann ist er wieder die wilde Mischung von Bond bis „Auf der Flucht“ – und keine, die sich ernst nehmen ließe. (Thomas Taborsky)

Salt

USA 2010. Regie: Phillip Noyce. Mit: Angelina Jolie, Liev Schreiber, Chiwetel Ejiofor. Verleih: Sony. 100 Min.

Legt die Latte tiefer

Wäre James Cameron nicht mit seinem Werk gekommen und die Kinoversion der recht jungen Zeichentrickserie „Avatar – Der Herr der Elemente“ hätte ihren Titel behalten dürfen. „Die Legende von Aang“ nennt sich nun der erste von anvisierten drei Teilen der Fantasy-Saga über eine Welt, in der die Balance der vier Elemente aus den Fugen geraten ist. Im Eis nahe ihres Dorfs finden die Wasserbändigerin Katara und ihr Bruder Sokka einen Jungen. Aang ist der seit 100 Jahren verschollene Avatar, die einzige Hoffnung, den genau so lange wütenden Krieg zu beenden. Verfolgt von der hochgerüsteten Feuernation und Vaterkomplexler Prinz Zuko, macht sich die kleine Gemeinschaft auf den Weg, Aangs Kräfte zu entwickeln. Das hölzerne Greenscreen-Abenteuer ist lediglich eine weitere Stufe im kreativen Limbotanz von Ex-Wunderkind M. Night Shyamalan („Signs“, „The Village“): naive Parabeln, Theatralik und sterile Computerszenerie, mehr hat es nicht auf Lager. (Thomas Taborsky)

Die Legende von Aang

(The Last Airbender)

USA 2010. Regie: M. Night Shyamalan. Mit: Noah Ringer, Nicola Peltz.

Verleih: Universal. 103 Min.

Französischer Charmebolzen

Marguerite wird die Handtasche geklaut. Der Pensionist Georges findet sie und beginnt, sich in seiner Fantasie in diese Frau um die 50 einzuleben. Was ist das für eine Person, die den Pilotenschein hat und in einem Pariser Vorort eine Zahnarztpraxis leitet? Obwohl Georges die Tasche gerne persönlich zurückgeben würde, entschließt er sich, sie bei der Polizei abzugeben und seine Nummer zu hinterlassen. Marguerite ruft an, um sich zu bedanken, will aber kein persönliches Treffen – was Georges’ Fantasien nur noch mehr verstärkt. Schließlich kommt es doch noch zu einer Begegnung, bei der alles aus dem Ruder läuft. Alain Resnais, der große alte Mann des französischen Beziehungskinos, greift für „Vorsicht Sehnsucht“ zu einer Humormixtur, die nicht nur von Zwischenmenschlichkeiten im Alter erzählt, sondern auch in ihrer Machart mit sehr melancholischen Momenten aufwartet. (Matthias Greuling)

Vorsicht Sehnsucht (Les herbes folles) F 2009. Regie: Alain Resnais

Mit: abine Azéma, Edouard Baer.

Verleih: Filmladen. 103 Min.

Italienisch lieben

Natürlich haben Romeo und Julia nie in Verona gelebt, doch bis heute lebt die norditalienische Stadt bestens von Shakespeares berühmtestem Liebespaar und lockt damit Touristen an - darunter auch Sophie und ihren Verlobten Victor. Weil Victor demnächst sein erstes Ristorante in New York eröffnet, hat er die Flitterwochen vor- und nach Italien verlegt, denn dabei kann er praktischerweise all seine Lieferanten abklappern. Indessen streift Sophie, die keine Ölverkostungen mehr mag, allein durch Verona und entdeckt eine Einrichtung, die sich die „Sekretärinnen der Julia“ nennt: Eine Gruppe von Frauen beantwortet Briefe junger Liebender aus aller Welt, um deren Kummer durch Ratschläge zu lindern. Sophie findet einen Brief, der sich seit fünfzig Jahren in einer Mauerritze versteckt hielt, und beantwortet ihn – worauf die mittlerweile weißhaarige Schreiberin nach Verona zurückkehrt, um jenen Mann zu suchen, den sie mit 17 verlassen musste. Bei der Suche findet natürlich auch Sophie, die mit Victor unglücklich ist, ihre wahre Liebe (Christopher Egan): „Briefe an Julia“ ist eine hemmungslos romantische Sommerabendunterhaltung in traumhafter Kulisse. (Magdalena Miedl)

Briefe an Julia (Letters to Juliet)

USA 2009, Regie: Gary Winick. Mit Amanda Seyfried, Vanessa Redgrave.

Verleih: Constantin. 105 Min.

Die Unbekannten

Kein persönlicher Kontakt – so lautet die Abmachung in dem niederländischen Film „Nothing Personal“, der auf mehreren Festivals mit Preisen ausgezeichnet wurde. Dabei geht um die seltsame Beziehung zwischen einer jungen Holländerin und einem eigenbrötlerischen Iren. Anne (Lotte Verbeek) bricht alle Brücken hinter ihr ab und trampt nach Irland, wo sie ein Leben als Landstreicherin führt. Sie ist spröde, aggressiv, voller Menschenhass und gebärdet sich bisweilen wie ein wildes Tier. Schließlich findet sie Unterschlupf bei dem allein lebenden, älteren Intellektuellen Martin (Stephen Rea), wo sie gegen Arbeit Essen und ein Obdach bekommt. Über Persönliches sprechen die beiden nicht, selbst ihre Namen verschweigen sie. Dennoch kommen sich die beiden langsam näher und versuchen heimlich, mehr über den anderen in Erfahrung zu bringen. Der Zuschauer erfährt im Spielfilmdebüt von Regisseurin Urszula Antoniak nicht, was die Hauptfiguren zu ihrem Handeln motiviert hat. Aber er sieht zwei Menschen, die trotz der bizarren Umstände das erleben, was man Glück nennt. Ein Film über die Unmöglichkeit, dass Mann und Frau je wirklich zusammenfinden – und dass dieser Umstand gar nicht so schlimm ist. (Michael Kraßnitzer)

Nothing Personal

IRL/NL 2009. Regie: Urszula Antoniak. Mit Lotte Verbeek, Stephen Rea.

Verleih: Polyfilm. 85 Min.

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