Werbung
Werbung
Werbung

Die beiden Zeitwörter im Titel dieser Glosse sind fest auf einander bezogen: im Bewusstsein der Sprecher, aber auch im Gewand von Spruchweisheiten. So steht das vielzitierte "Geben ist seliger denn nehmen" bereits in der Übersetzung der Apostelgeschichte. Die inhaltliche Bindung von geben und nehmen erweist sich, als Betrachtung des gleichen Sachverhalts aus verschiedener Warte. Wenn beim Kartenspiel ein Teilnehmer gibt, so nehmen seine Partner das Blatt auf. Das Übergeben und Übernehmen eines Auftrags sind bloß unterschiedliche Perspektiven ein und desselben Vorgangs. Das galt schon in der Frühzeit: Denn wer beim Handel etwas hergibt, bekommt dafür eine gleichwertige Ware oder Leistung. Wer aber als Gast beschenkt wird, der ist nach alter Sitte später zu einer entsprechenden Gegengabe verpflichtet.

Mit wechselnder Wortart und neuen Vorsilben, geht freilich der enge inhaltliche Bezug merklich zurück. Man kann sich in Gesellschaft begeben, ohne sich dort richtig zu benehmen. Wer mehr isst als er zugibt, der nimmt an Gewicht zu. Mancher gibt nur vor, sich etwas vorzunehmen. Laut und vernehmlich zu sprechen, kann manchmal dennoch vergeblich sein, und es fehlt auch nicht an bloß angeblichen Annehmlichkeiten. Doch genug mit den Wortspielereien! Denn im Gefolge der 68er-Bewegung, mussten sich auch terminologisch feste Begriffe eine kritische neue Definition gefallen lassen. Der Arbeitgeber wurde so zum arbeitenden Menschen umgedeutet, seine Werktätigkeit einem Betrieb zur Verfügung stellt. Der Arbeitnehmer wiederum mutierte zum kapitalistischen Unternehmer, der die Arbeitskraft anderer für sich nützt, oder gar ausbeutet. Was einmal mehr beweist, dass Sprache nicht nur konventionelles Ausdrucksregister ist, sondern auch zum Instrument politischer Agitation werden kann.

Der Autor ist Professor für Sprachwissenschaft in Salzburg.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung