Gute Frage, leider unbeantwortet

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Der 1932 erschienene Roman erzählt vom sozialen Abstieg des Textilverkäufers Hannes Pinneberg und seiner kleinen Familie. Das Schicksal des "Jungen“, wie ihn seine geliebte Emma - von ihm zärtlich "Lämmchen“ gerufen - nennt, und ihrem kleinen Murkel berührte die Leser, das Buch wurde in Windeseile ein veritabler Welterfolg.

Nicht zuletzt stieg die Zahl der Arbeitslosen während der Weltwirtschaftskrise in Millionenhöhe, und betrachtet man die heutige Lage, so liest sich Pinnebergs Biografie nicht nur als Sittenbild der 1930er-Jahre, sondern lässt sich in die Gegenwart übersetzen: Inflation, Arbeitslosigkeit und (fehlende) Solidarität sind heftig diskutierte Wahlkampfthemen. Sie sind aber auch Ausgangsbasis vieler heutiger literarischer Auseinandersetzungen, etwa in Anna Weidenholzers neuem Roman, der die innere Wirklichkeit und äußere Zuschreibungen der Langzeitarbeitslosen Maria beschreibt. Auch sie arbeitete wie Pinneberg als Textilverkäuferin, und auch sie ist durch solide, kleinbürgerliche Wertvorstellungen charakterisiert: Maria ist ordentlich, anständig, tüchtig und korrekt. "Wer arbeiten will, der findet auch Arbeit“, lauten die längst sinnentleerten Sprüche. Fallada aber fächert konsequent auf, was moralische Kategorien in unmoralischen Systemen bedeuten. Dazu kommt die Angst, dass Unglück ansteckend sein könnte - was bedeutet, dass die Umgebung kaum mit Empathie und Solidarität, sondern mit Ausgrenzung und Leugnung reagiert.

Berührende Hauptdarstellerin

Falladas Roman wurde vielfach verfilmt und auf die Bühne gebracht, so auch nun am Volkstheater. Regisseur Georg Schmiedleitner richtete zusammen mit der Dramaturgin Susanne Abbrederis eine theatertaugliche Fassung ein. Die kahle Bühne teilt ein schmaler Gang, der die Enge der Verhältnisse verdeutlicht. Mieten sind nicht mehr bezahlbar, Beziehungen von Misstrauen und Neid geprägt, umso attraktiver wird schnelles Vergnügen. Die graue, nackte Bühne bleibt jedoch wenig aussagekräftig, weil Schmiedleitner keine atmosphärischen Räume entwickelt.

Im Hintergrund spielen die Sofa Surfers, einmal sind sie sichtbar, dann wieder verschwinden sie aus dem Blickfeld, wie ihre Musik, die eher Pausen füllt, als dass sie eine ernsthafte Rolle spielt. Die historischen Videoeinspielungen verbinden sich nicht mit den Szenen, sie stehen allein, fern der gegenwärtigen prekären Verhältnisse. So auch die Figuren, die Schmiedleitner inkonsequent zwischen erzählendem, sich selbst kommentierendem Spiel und platten Karikaturen gestaltet. Hanna Binder allerdings (schauspielerischer Neuzugang) zeigt als "Lämmchen“ differenziertes, feines Spiel. Sie berührt wirklich und ist der Gewinn des Abends und des Ensembles.

Kleiner Mann - was nun?

Volkstheater Wien

20., 23., 24., 26. Sept., 1., 7., 8., 18., 25., 27., 31. Okt.

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