Hommage auf echte Heldinnen

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"Alles Walzer, alles brennt" bezieht sich auf das einschneidendste Ereignis in der österreichischen Geschichte des 20. Jahrhunderts, den Brand des Justizpalasts, und konterkariert dieses mit dem bis heute gerne nostalgisch in Erinnerung gerufenen Habsburgermythos. Am Sonntag feierte die kurzweilige historische Musikrevue über die Entstehung des "Roten Wien" seine Uraufführung am Volkstheater.

Kritisch-klug und unterhaltsam

Autorin und Regisseurin Christine Eder bedient und desavouiert Klischees, beruft sich auf die vom deutschen Kulturtheoretiker Klaus Theweleit beschriebenen "Männerphantasien" und setzt sie in Verbindung mit dem wieder aufflammenden Faschismus in Österreich. In Zeiten des Rechtsrucks muss man von den Gefahren, Anstrengungen und Mühen erzählen, unter denen sich die Frauen vor hundert Jahren ihr Wahlrecht erkämpft haben. Von den Gesetzen, die ihnen Abtreibung verboten, dem jahrelangen Kampf um den 8-Stunden-Tag, von Schul- und Bildungsreformen.

Eder widmet ihre Hommage den echten Heldinnen der österreichischen Geschichte, integren Politikerinnen, die aufrichtig und mutig für Solidarität eintraten.

Die erste Frau im Parlament, Adelheid Popp, ist hier ebenso Protagonistin wie die Widerstandskämpferin Rosa Jochmann oder die "rote Erzherzogin" Elisabeth Petznek, Lieblingsenkelin Kaiser Franz Joseph I. Chronologisch startet die Revue in den 1880er-Jahren mit der Begründung der Sozialdemokratie durch Victor Adler. Bis zum Untergang des Roten Wien mit dem Bürgerkrieg 1934 bilden der Austromarxist Otto Bauer, Hugo Breitner und Julius Tandler die Säulen über die Demokratisierung von Bildung und Gesundheitswesen. Am Ende wird der Dichter Theodor Kramer zitiert, der 1939 nach London emigrierte und erst Ende der 1950er-Jahre nach Wien zurückkehrte. Jährlich verleiht die 1984 gegründete Theodor-Kramer-Gesellschaft einen nach ihm benannten Preis für Schreiben im Widerstand und im Exil.

Eva Jantschitsch aka Gustav sorgt in "Alles Walzer, alles brennt" für einen ziemlich lässigen Sound. Sie und Christine Eder wurden letztes Jahr mit dem Nestroypreis für die "Proletenpassion 2015 ff." ausgezeichnet. Im Duo gelingt den beiden Künstlerinnen auch im Volkstheater wieder eine unterhaltsame, kritisch-kluge Inszenierung, mit einem ausgezeichneten Ensemble, einem einfallsreichen Bühnenbild und stringenter Dramaturgie. Ein Must für alle Schulklassen!

Alles Walzer, alles brennt

Volkstheater

24., 28. Okt., 4., 11., 14. Nov.

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