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Ironische Kritik am beliebten "Kindchenschema".

Tirol hat einen kreativen Japanschwerpunkt. Bis November 2002 üben sich diverse regionale Kunsthorte in den unterschiedlichsten Variationen japanischer Kultur: in bildender Kunst, Architektur, Film, Literatur, Ikebana usw. Hinter dem spannenden Projekt steckt der Tiroler Kunsthistoriker Markus Neuwirth, der den Organisatoren, Kuratoren, Architekten und Künstlern viel Freiraum lässt, sämtliche Events mit Ideen, Witz, Charakter und selbstreflexiven Andeutungen zu füllen. Er selbst kuratiert die Ausstellung "Weiche Brüche" im Innsbrucker Kunstraum und lässt dabei vier junge japanische Avantgardisten zur museal-zeitgenössischen Hochform auflaufen.

Der Einbruch der schrillen Manga(Comics)-Generation und der Absturz des Wirtschaftsbooms hatten ein neues Selbstverständnis der Kunstjünger Nippons zur Folge. Eingeklemmt zwischen der illusionistischen Welt der Medien und intimen Verletzungen artikulieren sie nun eine ganz andere, weiche, aber zugleich auch unterschwellig messerscharfe Sprache, der man als Europäer unbedingt nachspü-ren sollte - "Weiche Brüche", die fallweise ins Absurde kippen. Aus ist's mit dem beliebten "Kindchenschema" in der japanischen Kunst - (Rundköpfe, Kinderbäckchen, Stupsnäschen, hilflose Glupschaugen, Schmollmündchen, die zu Liebe und Zärtlichkeit aufrufen). Yoshitomo Nara bedient sich zwar dieser Schemata, verleiht ihnen jedoch traurige Akzente, bläht sie zu riesigen Objekten auf und serviert das nun kaum noch putzige "Kindchenschema" auf vielsagenden Tellern. Zudem verzerrt er Comicfiguren zu einer lächerlichen Dreidimensionalität, die stark ins Schwarze abdreht. Taiyo Kimura kritzelt seine kritischen, erotisch aufgeladenen Zeichen-Schriftnotizen direkt auf die Galeriewand, die einem Pissoir zu ähneln beginnt. Er überbordet einen Teddybären - fun-süchtig, dabei aber extrem verletzbar, wie es Kinder sein können - mit unzähligen Ohrhörern, aus denen unentwegt das zersetzende Gekreisch von 16 Radiosendern quillt. Takahiro Suzuki meditiert mit dem japanischen Schriftzeichen "ikiro" - "lebe"; Midori Mitamura verwandelt in ihren Installationen den Betrachter zum parodistisch überspitzten Voyeur im bürgerlichen Korsett.

Das ist weiche (mittelbare) Kritik sozialer Alltagssituationen: witzig-provozierend, charmant-charismatisch, aber auch direkt und ehrlich - und schnörkellos inszeniert.

Weiche Brüche. Japan

Kunstraum Innsbruck, bis 28. September.

www.japantirol.at

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