Kleinodien der Sprache

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Eben hat ein bundesdeutscher Wettbewerb den Ausdruck Kleinod zum "schönsten bedrohten Wort der deutschen Sprache" gewählt - nein besser: gekürt oder erkoren. Guter Zweiter wurde das Adjektiv blümerant.

Bodo Mrozek, ein rühriger wie erfolgreicher Sachwalter von gefährdetem Wortgut, beschreibt Kleinod als Bezeichnung "für ein auf den ersten Blick unscheinbares Ding, das jedoch einen hohen persönlichen Wert haben kann". Bedrohte Wörter seien schon wegen ihres Gefühlswerts in ihrer Schönheit zu bewahren.

Man mag das Unternehmen als akademische Schrulle belächeln, doch geschähe damit einer Initiative Unrecht, die ihren spielerischen Charakter selbst gerne zugibt.

Der Kolumnist einer Sprachglosse fühlt sich sogar zu einer persönlichen "Nachwahl" aufgefordert. Ich versuche es also mit einem Dreiervorschlag. Saisonal bedingt beginne ich mit der guten alten Sommerfrische. Denn kein Urlaubsparadies, weder Traumstrand noch Wellnesstempel, kommt gegen den Erholungswert auf, den jene gemütliche Wortbildung bereits klanglich vermittelt.

An die zweite Stelle setze ich Angebinde für ein hübsches Geschenk, das man einst wirklich dem Empfänger um den Hals oder auf den Arm gebunden hat. Der damit verknüpfte Realwert mag verloren gegangen sein: der emotionale Charme des Vokabels ist erhalten geblieben.

Schließlich plädiere ich noch für leutselig. Sein Ursprung im Mittelalter weist auf "den Menschen wohlgefällig". In unseren Tagen heißt diese Eigenschaft - so noch vorhanden! - umgänglich oder (mit negativem Begleitton) herablassend. Wer heute noch von einem leutseligen Pfarrer spricht, riskiert freilich ein phonetisches Missverständnis. Denn allzu nahe liegt die Vermutung, dass Hochwürden seine Kirchenglocken besonders oft und lang läuten lässt.

Der Autor ist Professor für Sprachwissenschaft in Salzburg.

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